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228 Psychische Studien. XXXII. Jahrg. 4. Hett. (April 1905.)
fügung steht, wie dem Maschinisten seine Danipfkraft, wenn
er ein Ventil öffnet. Wille oder Willenskraft ist ein rein
abstrakter Begriff und es ist ebenso inkorrekt und absurd,
von dem Willen zu reden, wie von der Autorität, dem
Wissen oder der Gewalt, wenn man von Autorität, Wissen
oder Gewalt reden möchte und dabei für den Augenblick
von dem Selbst ganz abstrahiert, das Autorität oder Wissen
oder Gewalt besitzt. Stellen wir dagegen die Frage so:
Wie stellen wir es an, um zu wollen, dass wir unsere Gedanken
konzentrieren?, so sehen wir sofort ein, dass mit
der Antwort: durch Anstrengung unseres Willens, diese
Frage durchaus nicht beantwortet ist. Es sind in dem Vorgang
zwei Schritte oder Stufen zu unterscheiden. Der erste
Schritt ist der Akt des Wollens. Dieser ist zweifacher
Natur: erstens die wohlerzogene Erkenntnis des Selbst, dass
der eine Weg zu handeln weise und der andere Weg töricht
ist, und zweitens die von dieser Erkenntnis unzertrennliche
Absicht, den Weg der Weisheit einzuschlagen
und den der Torheit zu vermeiden. Ich hebe ausdrücklich
die Unzertrennlichkeit der Doppelnatur dieses Aktes hervor,
denn ich bin ausser stände, mir vorzustellen, dass irgend
jemand, selbst ein „schwarzer Magiera, der dne bestimmte
Handlungsweise als weise erkannt hat, mit Ueberlegung
wollen kann, die entgegengesetzte Handlung zu begehen.
Es wäre dies eine Vereinigung, die der Natur der Dinge
widerspricht. Allerdings könnte ein Mensch von der einer
bestimmten Handlungsweise innewohnenden Weisheit nur
eine so unvollkommene Erkenntnis besitzen, dass er ausser
stände ist, zu entscheiden, ob er ihr folgen soll oder nicht,
oder seine Erkenntnis könnte, obwohl sie seiner eigenen
Entwickelungsstufe entspricht, einem Menschen, der auf
einer höheren Stufe steht, absolut fehlerhaft erscheinen;
aber wir sind nun einmal so veranlagt, dass wir, sobald wir
körpers). Der „Kausalkörper", mit der Sanskritbezeiehnung „Karana
Sharira", bei den neuplatonhchen Philosophen „Augoi'des" (von
äuge == Glanz und eidos = Aussehen: das „Strahlenartige", cfr.
Plutarch, moralia, p. 565) ist nach theosophischer Anschauung ein
permanenter Körper, bezw. „Akkumulator", der darum Kausalkörper
genannt wird, weil er die Resultate aller Erfahrungen
jedes Lebens in sich aufstapelt, die dann als die bestimmenden
Ursachen künftiger Lebensläufe (Inkarnationen) auftreten. Er bleibt
erhalten, während der physische, der astrale, der mentale Körper
für jedes Leben neu gebildet werden muss und sich dann wieder
auflöst. Erst mit Heranziehung dieses altindischen Begriffs eines
Kausalkörpers kommt Klarheit in die ganze Lehre von der Wiederverkörperung
, mit welcher der Astralkörper nichts zu
schaffen hat. — Red.
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