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230 Psychische Studien. XXXIL Jahrg. 4. Heft. (April 1905.)
Zustand, in dem weder Intellekt,*) noch Leidenschaft beherrscht
werden, verbunden mit einem Willen, das zu tun,
was weder Intellekt, noch Leidenschaft dulden wollen, ist
sicherlich eine Lage, die uns allen wohlbekannt ist. Kein
Philosoph hat diesen Zustand so treffend geschildert, als
der Apostel Paulus im 7. Kapitel seines Römerbriefes:
„Denn ich weiss nicht, was ich tue" — schreibt er, indem
er Wissen oder Erkenntnis von Weisheit einer Entscheidung
des Willens gleich setzt; „denn ich tue das nicht, was ich
will, sondern das, was ich hasse, das tue ich..... Das
Gute, das ich will, das tue ich nicht, sondern das Böse,
das ich nicht will, das tue ich ... . So finde ich denn
das Gesetz, dass mir, der ich das Gute tun will, das Böse
anhängt. Denn ich habe Lust an Gottes Gesetz, nach dem
inwendigen Menschen. Ich sehe aber ein ander Gesetz in
meinen Gliedern, das da widerstreitet dem Gesetz in meinem
Gemüte, und mich gefangen nimmt in der Sünde Gesetz,
welches in meinen Gliedern ist.«
Warum ist es denn nun aber so schwer, unsere Hüllen
zu beherrschen ? Einfach darum, weil in diesem Falle Beherrschung
nicht eine blosse Ueberwindung von Trägheit
bedeutet, sondern ein Kämpfen gegen aktiven Widerstand.
Die Erklärung liegt in der Tatsache, dass die Elementar-
Essenz, aus der unser Mental - und Astral • Körper in der
Hauptsache bestehen, eine lebende Materie darstellt, die
ebenso wie wir selbst eine bestimmte Evolution durchmacht;
nur ist im Falle dieser Elementar-Essenz die Evolution nach
abwärts und in unserem Falle nach aufwärts gerichtet.
Das summum bonum (höchste Gut) der Elementar-Essenz
besteht in einem immer tiefer Hineintauchen in die Materie,
bis mit dem Erreichen des Mineralreiches das Aufwärts-
Klimmen beginnt. Was aber gut ist für die Elementar-
Essenz, das ist schlimm für uns selbst und deshalb der
Antagonismus zwischen ihr und uns, der Kampf zwischen
dem Selbst und seinen Gliedern, von dem der Apostel
Paulus redet. Die Elementar-Essenz des Astral - Körpers
verlangt es nach Emotionen, nach Begierden aller Art,
während es die Elementar-Essenz des Mental-Körpers nacn
Abwechselung, nach Veränderung verlangt. Reines Begehren
und hohe, fest im Zaume gehaltene Gedanken werden
fiel dazu beitragen, solche Elementar - Essenz auszutreiben
und unseren Astral- und Mental - Körper mehr und mehr
unter unsere Gewalt zu bringen.
* Im englischen Original: mind.
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