http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1905/0244
232 Psychische Studien. XXXII. Jahrg. 4. Hett. (April 1905.)
was doch ein mentaler Vorgang ist, unseren Körper schlaff
halten, weil wir dadurch unsere ganze Energie der mentalen
üebung zur Verfügung stellen.
Nebenbei sei auch noch jener alten wichtigen Regel
gedacht, auf die alle hierauf bezüglichen Methoden grosses
Gewicht legen: ich nieine die Regelmässigkeit in unseren
auf die Kunst der Konzentration gerichteten Studien. Zehn
Minuten jeden Morgen — mehr Zeit wird anfänglich nicht
erforderlich sein, Ünd deunoch wird infolge des Gesetzes
der Gewohnheit und der sich häufenden Wirkungen des
Nachundnaeh der Gewinn ganz enorm sein.
Als letzter Wink: man beginne mit physischen Gegenständen
, nehme ein verhältnismässig einfaches Bild vor und
betrachte es ruhig eine oder zwei Minuten lang, sehliesse
dann die Augen und sehe zu, welche Vorstellung von dem
Bilde zurückgeblieben ist. Dann öffne man die Augen, betrachte
wiederum das wirkliche Bild, vergleiche es mit
seiner Vorstellung, merke sich die Stellen, wo diese mangelhaft
war, und schliesse dann die Augen von neuem und so
fort. Man wälle zuerst einfache Bilder, und nehme dann
immer kompliziertere vor. Hierauf gehe man zu Büchern
über; man lese ein Kapitel eines Buches, mac'ie das Buch
zu und versuche, ein kurzes Resume des Gelesenen niederzuschreiben
. Schliesslich nehme man die eigentlichen Denkübungen
vor. Man wähle einen einfachen Gegenstand,
halte ihn im Geiste fest und knüpfe an ihn einen vernünftigen
, logisch entwickelten Gedankengang. Die höchsten
Uebungen befassen sich endlich mit der Meditation und der
sich daraus ergebenden inneren Erleuchtung, und damit
wäre dann der Vorgang der Gedanken - Konzentration an
seinem hohen Bndziel angelangt.
III. Abteilung.
Tagesneuigkeiten, Notizen u. dergl.
Das Verständnis* der Bibel
in der Entwicklung der Menschheit.*)
Mitgeteilt vom Eed. Dr. Fr. Maier.
Eine feinsinnige, von tiefgründendem psychologischem
Verständnis zeugende und durch den freien Standpunkt des
Redners sich sehr vorteilhaft auszeichnende Festrede hielt
*) Die bedeutsame Bede ist inzwischen als Festprogramm im
Drucke erschienen (34 S. mit Anmerkungen; zü beziehen durch die
Buchdruckerei >on Georg Schnürten, Tübingen) — 11 ed.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1905/0244