Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
32. Jahrgang.1905
Seite: 278
(PDF, 218 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1905/0290
278 Psychische Studien. XXXII. Jahrg. 5, Heft. (Mai 1905.)

aber ihre Tätigkeit (gleichsam ihre „Seele") nicht oder
doch nur latent da ist. —

Kehren wir nach dieser Abschweifung zu unserem
eigentlichen Seelenthema zurück. Zunächst einiges Allgemeine
über die bemerkenswerte Halbheit der anatomischphysiologischen
Auffassung der Scolenfrage. Man vertieft
sich mit sonst lobenswerter Emsigkeit und Genauigkeit in
das Studium der physischen Beschaffenheit des Gehirns,
aber der Forscher übersieht dabei doch die detaillierteste
Kenntnis in diesem Gebiet, was aus gewissen Gründen
immer nur Aufschlüsse zweiten Eanges zu liefern imstande
sein wird.

Man merkt es der heutigen Hirnseelen theorie deutlich
an, dass sie zum Teil unter dem Einfluss der beliebten
materialistischen Formel von „Stoff und Kraft" entstanden
ist. Wie Stoff und Kraft eine unzertrennliche und konstante
ßias sein soll — was, wie wir schon oben bewiesen
zu haben glauben, durchaus nicht immer der Fall ist, —
so ungefähr soll es auch mit Gehirn und Seele und die
Psychologie nichts als eine Physiologie des Gehirns sein.
Dies aber ist noch weniger der Fall, als das „konstante"
Verhältnis von Stoff und Kraft in der unorganischen Natur.
Man kann getrost zugeben, die psychische Tätigkeit, welche
ein Mensch in einem gegebenen Zeftmoment
entwickelt, sei die Funktion seines Hirns, und doch folgt
daraus keineswegs, dass letzteres dabei überhaupt das Massund
Tonangebende oder das Primäre und Bedingende, das
Seelische hingegen das Sekundäre und Bedingte sei.

Stellen wir uns zwei neue, in derselben Fabrik und
ganz auf dieselbe Art verfertigte Geigen vor, von denen nun
die eine in die Hände eines Stümpers, die andere aber in
die eines Virtuosen kommt. Nach langjährigem Gebrauch
wird nun zwischen beiden Instrumenten in ihrer Leistungsfähigkeit
ein bedeutender Unterschied bemerkbar sein, obgleich
an denselben kein Stückchen Stoff hinzu- oder wegkam
und sie sich an Gestalt ganz ähnlich bleiben. Der
melodischere Ton der zweiten ist jetzt allerdings ihre Funktion
, der schlechte Ton der ersten ist ebenso deren Funktion
; würde aber derjenige zu loben sein, der sich bei solcher
halben Formel beruhigte, ohne nachzuforschen,
durch welche Einwirkungen die anfangs gleichartige
Stimmung der Holzpartikeln später so verschieden wurde?
Ungefähr so aber machen es unsere Gehirnphysiologen, obgleich
die Hirn - Seelenfrage noch unvergleichlich komplizierter
ist. Die Frage, auf welche Weise das Gehirn selber
zu seiner gegebenen physischen Beschaffenheit und seinen


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1905/0290