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v. Hohnehen: Psychomonismus oder Panpsychismus. 349
Psychomonismus oder Panpsychismus.
Von W. von Schnellen, Freiburg i. R
(Mchlnss von S. 800.)
Aber wenn nun, wie gezeigt, die wirkliche Welt
mit ihrer Vielheit belebter und lebloser Dinge, um ein beständiges
und selbständiges Dasein zu gewinnen, notwendigerweise
unabhängig von meinem vorübergehenden Vorstellungsakte
ausserhalb meines Bewusstseins existieren
muss, wenn sie auch als „unbewusste Vorstellung" nicht
die Vorstellung meiner beschränkten Einzelseele, sondern
höchstens die einer ewigen, allumfassenden Weltseele sein
kann, in welcher Beziehung steht dann diese grosse, ausser
mir beständig daseiende Welt zu der engen und vergänglichen
Vorsteilungswelt meines eigenen Bewusstseins? Sind
beide durchaus geschieden und verschieden oder nicht?
Verirorn behauptet, wie wir sahen, entschieden das letztere.
Nach ihm ist d«*r Inhalt des Bewusstseins an sich schon
ein Teil, oder genauer, ein wechselnder Ausschnitt der
Wirklichkeit selbst, die als solche und „ohne dabei etwas
anderes zu werden", nach Belieben in das Bewusstsein
hineingezogen werden kann. Allein das ist offenbar ein
unvermerkter Rückfall in den naivesten Realismus, in die
alte unphilosophische Verwechslung von „Ding an sich"
und Vorstellung. Davon kann sich auch der Laie bei
einigem Nachdenken leicht überzeugen. Er nehme zunächst
einmal an, die Traumgestalt eines lange schon verstorbenen
oder das Erinnerungsbild eines abwesenden Freundes trete
jetzt bei Nacht oder Tage plötzlich vor seine Seele. Gewiss
würde er hell auflachen, wenn man ihn bedeuten
wollte, diese blosse Vorstellung seiner Seele sei der „wirkliche
" Freund selbst, der mit einem Male in sein Bewusstsein
hineingetreten sei. Sollte es sich nun aber bei meiner
Wahrnehmung eines anwesenden Menschen etwa anders
verhalten? Sollte z. BM wenn ich als einer unter sechzig
Zuhörern im Kollege des Herrn Professor E. Häckel sitze,
dieser selbst, der „wirkliche Professor Häckelu, für eine
Stunde in mein Bewusstsein hineinspazieren? Und natürlich
gleichzeitig in das der übrigen neunundfünfzig Zuhörer
auch? Oder liegt es nicht vielmehr auf der Hand, dass
das, was sich in meinem Bewusstsein und in allen andern
nounundfünfzig vorfindet, eben nur ein Wahrnehmungsbild
, eine „Vorstellung Häckel'' ist, während der „wirkliche
Höckel11 in dieser einen, genau wie in allen andern
dreiundzwanzig Stunden des Tages ausserhalb jedes fremden
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