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368 Psychische Studien, XXXII. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1905.)
fortstossen Hess, war die Katze sehr erstaunt, betrachtete den
Verschluss sehr genau, lief miauend um den Kasten herum
und schien schnurrend gleichsam nachzudenken. Dann
sprang "sie an dem Gitter empor, schlug den Strick mit
der Piote herunter, schob den Riegel beiseite und begab
sich dann an ihre Mahlzeit. Hacket Souptet hat den Tieren
gewisse Zirkuskunststückchen beigebracht und dabei besonders
die verschiedene Beanlagung studiert
So vermochte er einen Affen oder einen Hund durch
Zurufe und durch Vormachen der Sache dazu zu bringen,
auf eine Tonne zu steigen. Die Tiere besassen also die
Fähigkeit, die Worte und Geberden mit dem Besteigen der
Tonne in Verbindung zu bringen. Ein ähnliches Assoziationsvermögen
bewies ein Pony, der einen runden Korb
mit Heu, um zu dem Heu zu gelangen, mit dem Kopfe zu
rollen begann. Danach aber brauchte er nur den Korb
auch ohne Heu zu sehen, um ihn zu rollen, weil sich mit
diesem Anblick die Vorstellung der Tätigkeit assoziirt
hatte. Ein Schaf aber kann man durch Vormachen und
Rufen nie dazu bringen, eine Tonne zu besteigen; man
muss vielmehr einen Zwang auf seinen Instinkt ausüben.
Hache t-Souplet will im Jardin des Plantes, wenn er die
Unterstützung der Regierung findet, eine bebondere Abteilung
einrichten, m der auch wilde Tiere auf ihre geistigen
Fähigkeiten hin leichter und besser studiert werden können
als jetzt. Mit einem Löwen hat er folgendes interessante
Experiment vorgenommen: Er Hess in einen Käfig eine
hölzerne Büchse mit einem leicht aufhebbaren Deckel
stellen, in dem sich, für den Löwen sichtbar, ein Leckerbissen
befand. Zunächst war dem König der Tiere das
fremde Ding ein wenig ungemütlich; er schien es für einen
Feind zu halten, dem man zu Leibe gehen müsse. Dann
aber begann er um die Büchse herumzuwandern, sie zu
beschnüffeln und zeigte dann ein lebhaftes Verlangen nach
dem leckeren Inhalt. Anstatt aber nun instinktmässig die
schwache Büchse mit der mächtigen Tatze zu zerschmettern,
prüfte er sie sorgfältig mit gespannter Aufmerksamkeit,
nahm dann langsam, bedächtig und ernsthaft den Deckel
zwischen die Zähne, hob ihn sorgsam in die Höhe, bis er
herunterfiel, und verspeiste hierauf den Inhalt der Büchse.
Auch von der Klugheit und Achtsamkeit der Elefanten
weiss der französische Gelehrte viel zu berichten; am
nächsten aber dem Menschen in Intelligenz steht der Affe,
der sogar eine ganz eigene originelle Erfindungskraft hat
und alle die mechanischen Arbeiten der Menschen auch
selbständig tut. So war einem Affen, der auf ein Dreirad
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