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408 Psychische Studien. XXXII. Jahrg. 7. Heft (Juli 1905.)
diert und nur zu guten Zwecken angewendet; sie besteht
in der Kenntnis des „höchst grossen Namen Gottes", welche
nur auserwäblte Menschen erlangen können, so, wie oben
erwähnt, Suleiman Ibn Daud. Minder wunderkräftig sind
andere Namen Allahs und des Propheten, Koranstellen,
seltsame Figuren und Diagramme. Dieser Zweig der Magie
ist den Gläubigen zu üben erlaubt.
Die teuflische Magie wird nur zu bösen Zwecken geübt
und beruht, wie schon ihr Name sagt, auf dem Wirken
der verworfenen Geister. Verzauberungen in Tiergestalten
gehören hauptsächlich hierher; sie werden durch Zaubersprüche
vollführt, wobei auf den zu Verwandelnden Wasser
oder Staub gesprengt wird. Ausserdem kann der Zauber
Menschen lähmen oder töten, ihnen die seltsamsten Leidenschaften
einflössen, sie wahnsinnig machen usw. Eine grosse
Rolle spielt der böse Blick, welchen selbst der Prophet anerkennt
; er kann krank machen und töten. Gegen ihn
schützen Amulette mit gewissen Charakteren.
Zwischen der geistigen und natürlichen Magie steht
eine Art, Kihaneh genannt, mitten inne, zu der hauptsächlich
Astrologie gehört. Bis auf den heutigen Tag
wird diese Wissenschaft durch das ganze Morgenland bis
nach Indien und China hin studiert und geübt, am häufigsten
jedoch von den Persern und Türken. Die Geomantie
wähl sagt aus gewissen im Sande oder auf dem Papiere
entworfenen Zeichen. Ein dritter Zweig der Kihaneh ist
die Zeichendeuterei aus den Stellungen und Bewegungen
der Vögel, Gazellen und anderen Jagdwildes; was rechts
steht, bedeutet Glück, was links, Unglück. Aehnlicher
Art sind die Zeichen von zufällig gehörten Namen oder
Worten oder von aufgeschlagenen Büchern. Manche zufällige
Kleinigkeit ist eine Vorbedeutung. Traumauslegungen
sind allgemein und der Prophet selbst legt den Träumen
die grösste Wichtigkeit bei. Sieht man im Traume etwas
Grünes oder Weisses oder Wasser, so bedeutet das Glück;
Schwarz, Rot uud Feuer bedeuten Unglück. Auch glückliche
und unglückliche Tage haben die Orientalen. Donnerstag
und Freitag, besonders letzterer, sind glücklich;
Montag und Mittwoch zweifelhaft; Sonntag, Dienstag und
Samstag unglücklich. Sieben Tage in jedem Monate sind
unglücklich, nämlich der dritte, an welchem Kabil den
Habil (Kain den Abel) erschlug; der fünfte, an weichem
Adam aus dem Paradiese getrieben und Josef in den
Brunnen geworfen wurde; der dreizehnte, an welchem von
Eijub (Hiob) der Reichtum, von Suleiman (Salomo) die
Herrschaft genommen wurde; der sechzehnte, an welchem
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