Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
32. Jahrgang.1905
Seite: 479
(PDF, 218 MB)
Bibliographische Information
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v. Seeland: Die Logik der materialistischen Lehre eto. 479

körperlich gesunde.*) Teilweise gehört hierher auch die
Tatsache, dass Frauen, die bekanntermassen häufiger, als
Männer kränkeln, sich auch so selten ohne irgend eine
Glaubensreserve behelfen können, ja dass eine ungläubige
Frau geradezu, wie Heine hübsch sagt, einer Blume ohne
Duft gleicht.

Ferner trifft man, wie ich gleichfalls schon früher andeutete
, in den jüngeren Altersklassen entschieden häufiger,
als in älteren, auf Menschen, welche Religion für vollkommen
unnütz halten. Am wenigsten fragen Kinder nach dergleichen
Dingen, speziell nach einem Jenseits, da bei ihnen
zu dem übersprudelnden Lebensgefühl allerdings noch (ähnlich
wie bei den Tieren) die vollständige oder auch unvollständige
Unkenntnis des Todes und überhaupt der
Schattenseiten des Lebens kommt. Ein kleines Kind, dem
bei körperlichem Wohlsein eine gütige Umgebung zu teil
wurde, hat eben das, wonach der Glaube des Erwachsenen
bloss strebt, d. h. ein Paradies und Unsterblichkeit, denn
es weiss noch nichts von dem Aufhören des gegenwärtigen
Zustands **) Endlich fällt es auf, dass die Vorkämpfer des
Materialismus in ihrer Gemütsverfassung meist unter die
Sanguiniker, oder die „Stillleuchtenden" oder die „Rüstigen*'
zu reihen sind. So viel uns z. B. die Ueberlieferung über
das Naturell eines Demokrit (des Lachenden!) und Epikur
urteilen lässt, muss ersterer der ersten, letzterer der zweiten

*) Interessant ist besonders die Erfahrung, dass Onanisten
häufig zu den vielbetenden Frömmlern gehören. Desgleichen findet
man unter solchen bekanntlich viele egoistische Heuchler, Geizige, Betrüger
usw. Ich rede hier natürlich nicht bloss von äusserer Werkheiligkeit
, sondern von dem wirklichen Verlangen, die Finsternis
des Gemüts sich selbst durch religiöse Hoffnung lichter zu machen.

**) Auch der Gottesgedanke ist dem Kinde, wenigstens dem
kleineren, das ihn noch gar nicht fassen kann, selbstredend etwas
sehr Nebensächliches. Man wird zwar in der Praxis des Kulturlebens
selten Gelegenheit haben, Kinder, denen gar keine Glaubenssatze
eingeprägt wurden, zu beobachten; doch genügt es schon,
jene mechanische Teilnahmlosigkeit zu würdigen, mit der sich ein
etwa 5 jähr. Kind an sein einstudiertes tägliches Gebet macht, um zu
begreifen, wie wenig ihm an dem Glücke seiner frohen Spiele fehlen
würde, wenn es gar nie von einem höheren Wesen gehört hätte.
Zwar zeigt sich beim Kinde allerdings schon frühe eine gewisse
Neugier nach dem Ursprung der Dinge, die es um sich sieht;
doch wäre dieses Verlangen bei ihm auch durch andere Erklärungsweisen
ebenso leicht zu stillen: sagte man ihm z. B., das alles sei
vom Vater oder von einem guten Onkel gemacht, so wäre es ganz
gewiss zufrieden gestellt. Denn das menschliche Kind unterscheidet
sich in diesem Entwickelungsstadium noch nicht weit vom Affen
oder vom Pudel, der, im Sonnenschein fröhlich herumgaloppierend,
kein Verlangen hegt zu wissen, von wo denn dieser heitere Sonnenschein
komme.


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