Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
32. Jahrgang.1905
Seite: 483
(PDF, 218 MB)
Bibliographische Information
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Nagel: Die Genialität eine Schwester der Mediaiität. 483 '

standen (Diessen in Bayern, Verlag Huber). Diese Beispiele
legen nun den Gedanken nahe, ob nicht ganz allgemein
die Quelle genialer Schöpfungen im Unterbewusstsein
zu suchen und als Bedingung ihres Hervorquellens ein
mehr oder minder ekstatischer Zustand vorauszusetzen ist.
Auch der Durchschnittsmensch ist im Traume bisweilen
Dichter; er schaut herrliche Landschaften oder Porträts,
die, dem Original getreu, auf die Leinwand gebracht, Bewunderung
erregen müssten. Es wird sogar erzählt, dass
mancher Maler tatsächlich die Idee zu einem Gemälde im
Traume empfangen hat.

In der Ekstase fühlt sich die Seele gleichsam frei von
den Fesseln des Körpers; das will ja wohl auch das Wort
besagen. Anders ausgedrückt: der Geist steht in der
Ekstase im Banne einer bestimmten Idee, um die sich alle
jemals aufgenommenen, darauf bezüglichen Gedanken leicht
gruppieren. Zum mindesten gehört dazu eine innere Sammlung
, die ein Zurückdrängen äusserer störender Eindrücke
zur Voraussetzung hat, d. h. eine zeitweilige Ausserdienststellung
der verschiedenen Sinnesorgane. Von vielen grossen
Genies ist bekannt, dasb ihre Produktivität an zum Teil
seltsame Eigenheiten geknüpft war. In dieser Abhängigkeit
von äusseren Umständen ist mit Sicherheit der Hebel
zur Einleitung einer Selbstsuggestion zu erblicken: die
gleiche Bedingung erleichterte jedesmal mehr die Unterdrückung
der einstürmenden verwirrenden äusseren Eindrücke
und damit zugleich die innere Sammlung. Aber
der ekstatische Zustand kann auch oft spontan oder
wenigstens infolge noch nicht bekannter Anstösse eintreten,
ähnlich wie der somnambule oder der Transzustand. Dass
aber wirklich der ekstatische Zustand die Schaffenskraft
weit über das normale Mass steigert, und wie er etwa beschaffen
ist, dafür gibt Dr. Jung a. a. O. ein sehr lehrreiches
Beispiel. Zwar wollte er in erster Linie nur einen
Fall von Kryptomnesie bei Nietzsche nachweisen, allein er
würde mit den folgenden Bemerkungen auch durchaus
Recht behalten haben, wenn er sämtliche sogenannten
mediumistischen Phänomene im Auge gehabt hätte. Er
sagt nämlich: „Dazu aber, dass sie zu stände kommen, gehört
wohl immer ein abnormer Geisteszustand, den man bei
Nietzsche zur Zeit der Schöpfung des „Zarathustra" mit
Hecht vermuten kann. Man denke nur, mit welcher
unglaublichen Geschwindigkeit dies Werk geboren
wurde." Hierauf lässt Jung 1. c. Nietzsche selbst über
seinen Seelenzustand während jener Zeit sprechen: „Eine
Entzückung, deren ungeheure Spannung sich mitunter in

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