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Literaturbericht,
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teilung der Temperamente, anderer Ansicht sein — es wäre besser,
einmal die Temperament-Einteilung des verstorbenen Gesinnungsgenossen
Nikolaus v. Seefand zur Grundlage der graphologischen
Analyse des Temperamentes zu machen; — alles aber, was Ravensburg
schreibt, ist tief durchdacht, hat sozusagen Hand und Fuss und
erinnert am meisten an die ähnlichen Arbeiten Crepieuoc-Jamm's,
obwohl ganz verschiedene Ansichten vorgetragen werden und eine
Anlehnung oder Nachahmung natürlich völlig auszuschliessen ist.
Des Buches dritter Teil behandelt die praktische Frage, wie man
die Schrift analysiert und die Charakteristik aufstellt. In einem
Anhang bespricht der Verfasser die „psycho-physiologische Erklärung
der HchreibDewegungen." Gerade dieses Kapitel ist aber eines der
schönsten des ganzen Buches und hätte nicht so bescheiden in den
Anhang verwiesen werden sollen. Ist es doch nichts weniger, als
eine wissenschaftliche Symbolik der Schrift, die uns der Verfasser
bietet. Wertvoll ist an dem Buche auch, dass es speziell die
deutschen (gothischen) Schriftzüge berücksichtigt, wänrend bekanntlich
die meisten graphologischen Werke sich nach dem Beispiel
der Franzosen an die römische Schrift halten. Das Lehrbuch
von Ravensburg ist alles in allem vorzüglich und verdient aufrichtige
Empfehlung. Dr. med. Wolf gang Bahn, Breslau.
Peter Johannes Thiel. Der Krankheitsbefund aus den Augen. Lebensheimer
Verlag, Elberfeld 1905. 70 S.
Die Lehre des ungarischen Arztes Peczely, dass jeder Krankheitszustand
eine Veränderung* in der Färbung der Ins hervorrufe
und dass jedem Körperteil eine ganz bestimmte Stelle der Iris entspreche
, wird von dem bekannten Elberfelder Lehrer und Naturheilkundigen
Peter Job. Thiel in 17 Kapiteln ausführlich auseinander
gesetzt. Referent besitzt keinerlei eigene Erfahrung auf diesem
interessanten Gebiete, kann also über die Richtigkeit oder Unrichtigkeit
der Peczely1- 4* 2%tVFschen Angaben sich kein Urteil erlauben.
Immerhin ist a priori nicht einzusehen, warum die Augensterne, aus
denen man als Arzt doch so manchen Krankheitszustand des Körpers
herauszulesen gewöhnt ist, nicht auch einer noch feineren Beobachtungskunst
zugänglich sein sollten. Die vernachlässigte Kunst
der Krankheitszeichen lehre hat ja früher schon ähnliche feine
Deutungen im Gebiete der Chiromantie und Ge&ichtslesekunst gekannt
. Wenn ausserdem Beobachter wie Peczely, Schlegel, Maack, also
Fachärzte, zu ähnlichen Resultaten gekommen sind, wie neuerdings
Thiel, so gehört doch eine Art freiwillige Blendung dazu, um
literarische Erscheinungen, wie die vorliegende, einfach unter den
Tisch fallen zu lassen. Sehr schön sind die Augen tafeln, besonders
die bunten, entbehrlich das Reklamebild, welches Thiel in der Sprechstunde
darstellt. Im Interesse des Ernstes und der Würde des
Gegenstandes möchte ich es in der nächsten Auflage gern vermissen.
Dr. med. Wolfgang Bohn, Breslau.
Paul Dahlke: Buddhistische Erzählungen. E. Pier.Hm's Verlag, Dresden
1904. 289 S.
Der bekannte deutsche Vertreter eines geläuterten Buddhismus,
Herr Dr Paul Dahlke, bietet in seinen buddhistischen Erzählungen
uns tiefe Einblicke in die praktische Wirkung, welche der Standpunkt
des Buddhismus in verschiedenen Lagen des Lebens ausüben
kann. Von der ersten Erzählung „Entsagung" freilich werden europäische
Leser kaum befriedigt sein. Die Tat des Richters von Akyab,
der Weib und Kind dem Elend preisgibt, nachdem er die Vergänglichkeit
alles Gewordenen und die Notwendigkeit, nach der persönlichen
Erlösung zu streben, eingesehen, wird auf unseren ernstesten
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