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722 Psychische Studien. XXXII. Jahrg. 12. Heft. (Deaember 1905.)
II. Abteilung.
Theoretisches und Kritisches.
Die Logik der materialistischen Lehre und ihre
Wertschätzung des Lebens.
Vom f kaiserL russ. Geheimrat u. Generalarzt a. D.
Dr. Bftk, t. Seeland»
(Schluss von Seite 666.)
XXVI.
Die traurigen, den denkenden Menschenfreund tief betrübenden
Erscheinungen, deren ich im letzten Kapitel gedachte
, könnten allerdings, wie schon zu Anfang dieser
Arbeit betont wurde, wohl nie als Regel auftreten; sie
waren bisher Ausnahmen und müssen es, soweit menschliche
Voraussicht reicht, ohne Zweifel auch in Zukunft
bleiben. Denn jenen gegenüber, welche nicht imstande sind,
die Lücken und Blossen der negativistischen Doktrinen des
Materialismus zu durchschauen, hat es immer auch solche
gegeben, welche entweder schon auf die blosse Autorität
hin die entgegengesetzten Meinungen und Glaubensansichten
der grossen Denker und fieligionslehrer der Menschheit
höher als die augenblicklichen Zeitströmungen halten, oder,
an ihrer Hand selbständig nachdenkend und weiter forschend
, in der Vernunft solche unzweideutige Hinweise auf
einen tieferen Weltgrund und Weltzweck finden, dass sie
wenigstens nicht der Verzweiflung anheimfallen. In der
Tat, schon im Laufe unserer Untersuchungen selbst, welche
hauptsächlich der Bestimmung nachginget), auf welche Art
und Weise es wohl zustande kommt, dass sich manche Menschen
mit der gegebenen Welt begnügen mögen, drängte sich
uns die Folgerung auf, dass es unmöglich ist, sich derartigen
Fragen zu nähern, ohne zu bemerken, dass die
Lehren jener Verneiner noch zu viel grösseren Unbegreiflichkeiten
und zu unlöslicheren Widersprüchen führen, als
diejenigen, welche durch selbige bestritten und vernichtet
werden sollten, dass es daher entschieden vernunftgemässer
ist^ in der alten Fahrstrasse zu bleiben, wobei man sieb
aber natürlich hüten muss, auf Nebenwegen in Gruben,
Gräben oder Sümpfe zu geraten.
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