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Etz: Die Physiologie der Sinnesorgane und der Okkultismus. 731
Tones, bis der Stab in der Sekunde 36,000 Schwingungen
erzeugt und damit der höchste noch wahrnehmbare Ton erzeugt
wird. Die Schwingungen schreiten fort, doch Grabesstille
herrscht im Zimmer und keiner unserer Sinne reagiert
mehr, bis der Stab 18 Millionen Schwingungen in der Sekunde
macht*)
Was geht nun während jener Zeit vor? Du Prel sagt:
„Es gibt also Veränderungen in der Aussen weit, welchen
kein menschliches Wahrnehmungsorgan entspricht; Vorstellung
und Wirklichkeit decken sich
nicht", und weiterhin fügt dieser gedankenreiche Forscher
hinzu: „Diese pathologischen Fälle also beweisen das gleiche,
was die Lehrer der Physik hinsichtlich des Normalmenschen:
Dass die Welt als Vorstellung ein Produkt unserer Sinnlichkeit
ist und dass wir von der Wirklichkeit nur diejenigen
Veränderungen empfinden, für welche wir die entsprechenden
Sinnesorgane besitzen. Die wirkliche Welt
ragt über diese vorgestellte Welt um ein Stück von unbekannter
Grösse hinaus.1*
Ich denke, mit diesen Worten ist genug gesagt; hier
muss auch dem Ungläubigsten der Gedanke aufdämmern,
dass es in der Tat mehr zwischen Himmel und Erde gibt,
als die Schulweisheit gewisser Herren sich träumen lässt*
Hier eben ist das Fundament, auf dem sich die spiritistische
Weltanschauung aufbaut, und hier ist auch die Stelle, wo
wir den seichten Materialisten mit seiner eigenen Wissenschaft
widerlegen können. Die Realität der Geistererscheinungen
steht — von allen Erfahrungstatsachen abgesehen —
logisch fest, wenigstens in soweit, dass sie nach den uns
bekannten Naturgesetzen möglich sind; denn weshalb
nicht, wenn unsere Sinnesorgane zu grob sind, um sie wahrzunehmen
, so wie ja auch erst der photographische Apparat
das Bild auf die Platte bannt.
Ja, das ist echte vorurteilsfreie Wissenschaft, das ist
die Wissenschaft aller grossen Männer, wenn man einsieht,
das unserem Wissen Grenzen gesteckt sind, über die man
nicht hinaus kommen kann. Und jener Mensch, der behauptet
: „Es existiert nichts, was ich mit meinen Sinnesorganen
nicht wahrnehme", ist ein bedauerliches Bild eines
in seiner geistigen Entwickelung Zurückgebliebenen; es sind
das solche Leute, die nicht den Mut haben, sich mit einer
von der öffentlichen Meinung noch nicht nach Verdienst
*) Das Experiment geht noch weiter, wie im genannten Buche
von du Prel (Leipzig, Verlag Ernst Günther. 1880) aut Seite 116 nachgelesen
werden kann.
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