http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1906/0081
De Fremery: Anleitung zur Kenntnis des Spiritismus. 71
Gesieh tsorgan fehlt, der Gesichtssinn doch vorhanden ist.
Unser Gehirn bildet denn auch das Zentralorgan für alle
unsere Wahrnehmungen. In ihm haben die fünf Sinne
ihren Sitz, welche mittels der Sinnesorgane Eindrücke aus
unserer Umgebung empfangen.
Diese Sinnesorgane haben sich im Laufe der jahrhundertelangen
Evolution zu dem entwickelt, was sie jetzt
sind. Im Protoplasma waren alle Empfindungen für äussere
Reize auf einen einzigen Sinn beschränkt, das Gefühl.
Allein die Lebensökonomie brachte die niederen Organismen
dazu, einzelne Zellen mit bestimmten Funktionen zu
versehen, um sich die Wahrnehmung der Umgebung leichter
zu machen. Der Gefühlssinn verfeinerte sich allmählich
und, obwohl er über den ganzen Körper wirksam ist, wo
Empfindlichkeit für materielle Berührungen bestehen blieb,
hat er sich in bestimmten Körperteilen besonders lokalisiert
. Es bildeten sich Nervenzentren, die nunmehr in der
Hauptsache die Verbindung des Individuums mit der Umgebung
bilden sollten. Nachdem die Verfeinerung des Gefühls
zunahm, war die materielle Berührung nicht mehr
nötig und reagierten einige Teile des Organismus selbst auf
Luft- und Aetherschwingungen. Als solche entwickelten
sich der Gesichtssinn, der Geruchssinn und der Gehörssinn,
die sich eigener Organe als neuer Sinnesorgane bedienten.
Die Empfindlichkeit für Lichtschwingungen, welche die ,
niederen Organismen lichtscheu sein lässt — vermutlich wegen
der auflösenden Stärke der chemischen Strahlen —, konzentrierte
sich bei den höheren Tierformen in einzelne, für
das Licht empfindliche Stellen, wo sich schliesslich die
Augen bildeten. Der Geruchssinn hatte anfangs seinen Sitz
in den Tastorganen, als kräftiges Hilfsmittel im Kampfe
ums Dasein, wodurch sowohl die Nahrung, als der Feind
in der Ferne erkannt werden konnten. Der Gehörssinn
fügte sich als neues Wahrnehmungsmittel an, kurz, unsere
fünf Sinne haben sich als wahre Kriegs Werkzeuge entwickelt
. Durch sie wurde eine schnelle Wahrnehmung möglich
und konnte in dem Kampf gegen physische Uebermacht
oft der Sieg erlangt werden. Geschwindigkeit konnte den
Mangel an Kraft ersetzen. Von einem Geschlecht zum
anderen wurden die Sinnesorgane schärfer und schliesslich
lernte der Mensch die verschiedenen Wahrnehmungen kombinieren
und sie zu seinem Vorteil gebrauchen, um sich die
Oberherrschaft auf der Erde zu sichern. Allein so sehr
die Tätigkeit unserer Sinnesorgane auseinander zu gehen
scheint und jeder sein eigenes bestimmtes Wahrnehmungsfeld
zu haben scheint, so bilden sie doch nur die ver-
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1906/0081