http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1906/0100
88 Psychische Studien. XXXIIL Jahrg. 2. Heft. (Februar 1906.)
Es ist ja wohl zu verstehen, dass einem Wissenschaftler,
der sich eine solide Basis geschaffen hat, auf der er seine
Wissenschaft aufgebaut hat, und der dann plötzlich sieht,
dass eine neue Entdeckung jene Grundlage zu unterminieren
droht, dieses nicht gerade angenehm ist, weshalb so manche
Vertreter der Schulwissenachaft eine Vogel-Strauss-Politik
spielen; sagt doch sogar Prof. Virchow („Ueber Wunder",
S. 23): „Man freut sich nicht eine neue Erscheinung zu sehen;
im Gegenteil, sie ist oft peinlich." — Cremonini da Cento,
Libri, Clavius, Magini, Horky, lauter „Männer der Wissenschaft
", weigerten sich durch das Teleskop zu schauen, weil
sie die Existenz der vier Monde des Jupiter theoretisch
leugnen zu müssen glaubten!*) —
Wie schon früher erwähnt, hatte ich im Augustheft
der in Paris erscheinenden „Revue Spirite'* von 1894 über
das Medium Miller einiges veröffentlicht. Ich erhielt nun
im Januar 1905 Nachricht aus San Francisco, dass bei Mr.
Miller ein Brief aus Valenee-sur-Bhone, von einem Rentier
J. Dehrns, eingelaufen sei, durch welchen Mr. Miller um
12 Sitzungen für Rochas, ihn selbst und einige Freunde ersucht
wurde, weil ich bemerkt hatte, dass Miller im Jahre
1905 Frankreich wieder einmal besuchen wolle. Mein
Wunsch war nun insofern erfüllt, als der Oberst Graf
von Bockas den Herrn Miller zu sehen wünschte. Ich fuhr
also guten Muts nach San Francisco, um zu sehen, was zu
tun sei, und in der Absicht, event. Herrn Miller zu Rochas
nach Paris zu begleiten. Ich traf aber Mr. Miller nicht in
der besten Verfassung an, da einige seelische Erregungen
in der letzten Zeit ihn ziemlich nervös gemacht hatten.
Seine Kontrollen erklärten mir, dass er vor 4—5 Monaten
nicht nach Paris reisen könne und ich solche wunderbare
Sitzungen, wie in Kalifornien, wegen des plötzlichen Wechsels
der Atmosphäre und der sonstigen Bedingungen in Frankreich
nicht erwarten dürfe; vielleicht wäre aber Mr. Rochas
durch Bitten zu bewegen, hierher zu kommen.
Um das zu stände zu bringen, musste ich allerdings
einige andere Vorkehrungen treffen. Ich setzte mich mit
Professor van der Naillen. einem Freunde von Rochas. in
Verbindung, der mir in der liebenswürdigsten Weise entgegenkam
. Eine noch an demselben Abend veranstaltete
Sitzung, wo van der Naillen das Medium Miller nebst zwei
voll materialisierten Phantomen zusammen sah,**) diese
anfassen durfte und anderes mehr, veranlasste ihn, mir
*) L. Heilenbach'. „Aus dem Tagebuche eines Philosophen *
(Wien, 1881) S. 209.
**) Warum wurde keine photogr. Aufnahme gemacht? — Red.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1906/0100