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EtA A. R. Wallace und der Spiritismiis.
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Pflanzenreiche ist uns heute noch ein unlösliches Rätsel.
Aber trotzdem steht die moderne Entwickelungstheorie unerschütterlich
fest; sie gilt im gesamten Reiche der organischen
Wesen, einschliesslich des Menschen, und keine Macht
der Welt kann ihr Abbruch tun.
Zur Entwicklungslehre gehört aber auch die Frage
nach der ersten Entstehung des organischen Lebens. Obwohl
man bis jetzt nicht im stände ist, das einfachste Protoplasma
darzustellen, so zwingt uns doch die konsequente
Logik, eine Entstehung des Lebens aus unorganischer Materie
(generatio aequivoca) anzunehmen.
Wohl haben Will. Thomson (Lord Kelvin), Helmholtz,
Fechner, Preyer und kürzlich Svante Arrhenius eine Urzeugung
abgelehnt und haben ihre Zuflucht zu der Behauptung
genommen, das Leben oder besser die Lebenskeime
seien ewig.
Aber dieser Hypothese stehen zu grosse Schwierigkeiten
entgegen, um so mehr, als erst in jüngster Zeit der englische
Naturforscher J. Butler Burfee*) eine Urzeugung direkt
beobachtet haben will. Wenn aber eine solche einmal
stattgefunden hat, woher dann das Lebensprinzip?
Weismann, noch über Darwin hinausgehend, die Zuchtwahl für den
einzigen Faktor der Entwickelung hält, ist Wettstein der Ansicht,
dass durch Weismann's Hypothesen, speziell auch durch seine Annahme
, die das Keimplasma zusammensetzenden, als winzig kleine
Gebilde zu denkenden sog. „Determinanten* seien Träger verschiedener
Eigenschaften, das Entwickehmgsproblem nur auf ein neues
Gebiet gelenkt, nicht aber endgiltig gelöst werde. Berbert Spencer,
der Darwinianer vor Darwin, übte schon in seinen 1865 erschienenen
„Principles of Biology« scharfe Kritik an dessen Zuchtwahlprinzip,
wodurch das Z w e c k m ä s s i g e in der organischen Welt zu einem
Produkt des Zufalls und letzterer zum alleinigen Regulator der
Entwickelung gemacht wird, so dass das organische Leben eigentlich
ausserhalb der Gesetzmässigkeit der physischen Erscheinungen
stehen würde, während die Neo-Lamaxckianer ein intelligentes Urteil,
d.i. zweckmässige Eeaktionsfähigkeic auf die äusseren
Beize der Umgebung als eine Grundeigenschaft der in den
Lebewesen höher organisierten Materie annehmen. Auch Dr. med.
Nik. v. Seeland hat ja in seiner den „Psych. Stttd.* hinterlassenen
Studie über die „ Logik der materialistischen Lehre* tc. diese
neuere Auffassung der Biologen durch helle Streiflichter aufs
schönste beleuchtet. — Red.
*) Vergl. „Psych. Stud." 1905, S. 498 ff. Ob die von ihm aus
einer der Wirksamkeit des Badiums ausgesetzten Lösung von Fleischgelatine
angeblich erzielten und photographisch dargestellten vermeintlichen
Lebewesen „Radioben" oder „Badiolen" oder „Badionen"
heissen sollen, bezw. welche Wortform in den verschieden lautenden
Berichten als Druckfehler zu betrachten ist, konnten wir bis jetzt
leider nicht eruieren. — B e d.
Psychische Stndieiß Februar 1906. 7
und in den letzten Jahr;
Abdruck gelangten geistvollen
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