Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
33. Jahrgang.1906
Seite: 108
(PDF, 221 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1906/0120
108 Psychische Studien, XXXIII. Jahrg. 2. Heft (Februar 1906.)

Autoritätswahn endet. Weil Aristoteles in seinen Tier-
büehern gelegentlich sagt: die Pflanze habe zwar eine
Seele, doch keine empfindende, so nahm man bei der unglücklichen
Eichtung des mittelalterlichen Denkens, welches
den Augen nicht traute, dem geschriebenen Wort gegenüber
, auch diesen Satz für ein Evangelium, und der ganz
auf den Schultern des Mittelalters stehende Linni erhob es
zum Dogma. Dieser von einer wahren Registratormanie
besessene Geist, der sogar seine Freunde in Kategorien
und Subdivisionen einteilte, erhielt durch seine ungeheure
Autorität bis in unsere Jugend ein aus der Nacht des
Scholastizismus heraufgekrochenes Schema am Leben, das
er den „verus botanicus", den wahren Botaniker, nannte.
Wohin der trat, da erstarb die lachende Au, da verwelkte
die Blumenpracht; die Zier und Freude unserer Fluren
verwandelte sich in getrocknete Leichen, die der „verus
botanicus" in den Folianten seiner Herbarien aufhäufte, und
deren missfarbenen, zerdrückten Körper er dann in tausen-
den spitzfindigen lateinischen Diagnosen beschrieb. Das
hiess „wissenschaftliche Botanik", und je mehr Mumien solch
ein Totenregistrator in seinem Museum einsargte, als desto
grösserer Botaniker galt er. Diese „veri botanici" aber waren
noch die Lehrer unserer Lehrer. Hat man uns denn in
der Schule nicht auch damit gequält, Diagnosen auswendig
zu lernen ? Verwandelte sich denn die blühende Wiese und
der Märchenwald in der Botanikstunde nicht in ein staubiges
Herbar, in eine trostlose Zettelregistratur von lateinisch-
griechischen Namen, in eine Uebungsstunde langweiliger
Dialektik, erfüllt mit Diskussionen über die Zahl von
Staubgefässen, die Art von Blattformen, über ober-, mittel-
und unterständige Fruchtknoten, was wir alles nur deshalb
lernten, um es zu vergessen? War dies geschehen, dann
stand man der Natur fremd und ernüchtert gegenüber.
Und so bildete sich denn in den weitesten Kreisen der Gebildeten
das heimliche, aber allgemeine Urteil, die Botanik
sei etwas unsagbar Trockenes, sie sei pedantischer Kram
und etwas wie Spielerei. Aus Respekt vor den Gelehrten
sagt man es nicht öffentlich, — aber wenn man auch noch
so viel Vorliebe für Naturwissenschaft hat, botanische
Bücher sind gewöhnlich das letzte, wonach man greift.a

Nun, Francas Buch wird das Vorurteil gegen botanische
Bücher leicht überwinden. Hören wir, wie Franci beispielsweise
die Bewegungen der Wurzel einer Pflanze
schildert; denn wir wissen es heute bereits mit Bestimmtheit
, dass keiner Pflanze — der Satz wird dem Laien etwas
paradox erscheinen — die Bewegung, die Bewegungsfähig-


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1906/0120