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tjäienkiwicz: Ein Traum.
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standen und lebhaft an Fischaugen erinnerten, Sie werden
begreifen, dass eine so eigensinnige Wiederholung eines
Traumes schliesslich unbedingt beunruhigen muss.
Einige Wochen später reiste ich nach Paris und stieg
in demselben Hotel ab wie meine Engländerin. Wir kamen
abends an und waren eine grosse Gesellschaft. Ich beeilte
mich mit meiner Toilette und begab mich dann nach dem
Lift, um zu dem Speisesaal hinunter zu fahren. Im Korridor
traf ich meine Reisebegleiter, die ebenfalls auf den
Lift warteten. Ich drückte auf den elektrischen Knopf, und
einen Augenblick später hörten wir den Lift heraufkommen,
die Tür wurde zur Seite geschoben und — ich fuhr plötzlich
zurück, als hätte ich ein Gespenst gesehen: In der
offenen Tür stand ein etwa fünfzehnjähriger Knabe, blond,
mit grauen Fischaugen, in galoniertem schwarzen Rock mit
Metallknöpfen, genau so, wie ich ihn im Traum gesehen
hatte. —
Mit einer artigen Verbeugung bat er mich, einzusteigen
. Ich gestehe, dass ich zum ersten Mal in meinem
Leben fühlte, dass sich mir die Haare auf dem Kopf vor
Entsetzen buchstäblich zu Berge stellten. Ich wandte mich
um und raste wie ein Besessener die Treppe hinunter. Der
Lift wartete augenscheinlich auf mehrere Passagiere. Ich
warf mich in einen Sessel und suchte mich zu beruhigen,
denn ich fühlte, wie bleich und verstört ich aussehen musste.
Da — ich weiss nicht, ob einige Sekunden oder Minuten
dazwischen lagen — hörte ich plötzlich einen furchtbaren
Schrei und einen Krach. Als ich wieder zur Besinnung kam,
sah ich auf der Erde die blutigen Körper der Passagiere,
die schnell in weisse Tücher eingehüllt und fortgetragen
wurden. Der Knabe war sofort tot gewesen, wie ich nachher
erfuhr. Jeder mag sich die Sache auf seine Weise erklären
. Mich nennt man mit Recht einen Skeptiker, denn
wäre das einem andern Menschen passiert, so hätte ich es
nicht geglaubt." __
Kurze Notizen.
a) Ein Verbrechen durch Suggestion. Zu
Deeping in der Grafschaft Northampton in England lebte
(laut dem Triester Blatte „II Piccolo della Seratf vom
4. Jänner 1906) ein junger Apotheker namens Shülaker,
welcher mit einer gewissen Miss Elise Borgom, die beim
Pastor des Dorfes in Diensten stand, verlobt war. Am
vergangenen Dienstage besuchte den S. seine künftige
Schwiegermutter, ihn bittend, die Vorbereitungen zur Hochzeit
beschleunigen zu wollen, da sie ihre Tochter in kurzer
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