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De Fremery: Anleitung zur Kenntnis des Spiritismus. 131
auf ein riesiges Fragezeichen, wenn wir bis zum Kern der
Dinge vordringen wollen.
Ausserdem sind dieselben Erscheinungen nicht immer
denselben Ursachen zuzuschreiben. Das Spektrum eines
Kerzenlichtes ist dem einer elektrischen Glühlampe ganz
gleich. Aber welch ein Unterschied besteht zwischen diesen
beiden Lichtquellen! Wir müssen also« sehr vorsichtig sein
mit dem Ziehen von Folgerungen. Jede Theorie besitzt
nur ein gewisses Mass von Wahrscheinlichkeit, sie darf
niemals zum Axiom werden.
Es ergibt sich aber aus der Geschichte der Wissenschaften
, wie oft ihre bedeutendsten Vertreter das vergessen
haben. Dadurch sind sie unbewusst in den so streng verurteilten
Apriorismus der alten Scholastiker zurückgefallen.
Die Theorie, die aus einer Menge von Tatsachen eine Beweis-
kraft empfing, bekam dadurch eine gewisse Onantastbarkeit,
aus der die Sucht entstand, alle Tatsachen durch sie zu
verkleinern. Das Schlimmste aber ist, dass man sich der
Theorie zu lieb absichtlich blind und taub für Erscheinungen
stellte, die nicht in das System passen wollten. Die einseitige
Entwicklung der Naturwissenschaften ist der beste Beweis davon
. Und doch hat bereits John Eerschel mit Recht gesagt:
„Der richtige Forscher jnuss seine Augen nach allen Rieh*
tungen gleich weit offen" halten, damit sie durch jeden Vorfall
unmittelbar getroffen werden können, der nach den bereits
angenommenen Theorien nicht sollte geschehen können,
denn das sind die Tatsachen, welche zu neuen Entdeckungen
führen." Damit kommt man weiter als wenn man sie für
unmöglich erklärt.
Wie sollte man entscheiden, was alles denn nicht möglich
ist? Kennen wir alle Naturgesetze? Ist die Erforschung
der Natur erschöpft? Sind uns alle Kräfte, die
in ihr wirken, bekannt? Ein einziger Blick auf die unbekannten
Glieder der Reihe der Schwingungsgeschwindigkeit
genügt, um uns zur Erkenntnis unserer Unwissenheit zu
bringen. Wir müssen jede Offenbarung neuer Kräfte genau
untersuchen, unter Beiseitestellung vorgefasster Ansichten
und dessen eingedenk, dass alles möglich ist, was keinen
logischen Widerspruch enthält.
«JLJL*
Unser Wahrnehmungsvermögen im Schlafzustand.
Wir haben bereits auf die theoretische Möglichkeit
der Wahrnehmungen anderer Schwingungsgeschwindigkeiten
als derjenigen hingewiesen, für welche unsere Sinnesorgane
9*
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