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142 Psychische Studien. XXXIII. Jahrg. 8. Heft. iMärz 1906.)
Sitzungen ist dieses Chemisettchen ausserdem jedesmal in
Schweiss gebadet. Unter diesem Leibehen, dessen Agraffen
nur mit grosser Mühe auf- und zuzumachen sind, kann sie
ganz unmöglich alle die Gewänder und Utensilien verbergen
, die zur Erscheinung von B. B. nötig sind. Sie verbirgt
dieselben also vielleicht unter ihrem Rock? Aber
der Rock, den sie trägt, ist ziemlich kurz, und so eng anschliessend
, dass er die Formen ihres Körpers erkennen
lässt. Sie geht, kommt, läuft ebenso rasch vor den
Sitzungen die Treppen auf und ab, wie unmittelbar nach
denselben. Unter ihrer kleinen Tunika könnte sie die umfangreichen
Gewänder, in denen B. B. auftritt, sicherlich
nicht verbergen. Aber selbst, wenn sie das könnte, wäre
damit gar nichts erklärt. Denn ausser diesen Gewändern
wäre doch auch noch die Gliederpuppe zu verbergen, die
sie in ihre Kleider stecken müsste, um den Schein hervorzurufen
, als ob Martha selbst auf dem Fauteuii sässe, eine Erscheinung
, die so packend ist, dass nur meine übertriebene
Gewissenhaftigkeit daran schuld war, dass ich in der neben
Äischa hinter B. B. sitzenden Person, die man sich bewegen
sah, nicht Martha deutlich erkannt habe. — [ch wiederhole:
B. B. verhält sich vollkommen wie ein lebendes Wesen. Es
ist dies weder ein Gliedermann, noch eine Puppe; es ist
dies anscheinend eine Person, wie andere lebende Personen
auch und wenn es kein Phantom ist, so kann es nur Martha
sein.
Im Widerspruch zum gesunden Menschenverstand
wollen wir aber auch das noch annehmen. Wir wollen also
annehmen, Martha, die nie untersucht, nie gefesselt wurde,
könne alle die zu ihrer Verkleidung nötigen Utensilien bei
sich tragen. Ist's ihr nun auch möglich, sich ihrer zu bedienen
?
Mir scheint es evident, dass dies nicht der Fall ist,
und zwar aus folgenden Gründen:
1. In gewissen Fällen erscheinen und bewegen sich
die besagten Gewänder beinahe, während Frau Noel noch
im Kabinett ist. So sah man am 31. August, kaum eine
halbe Minute, nachdem Frau Noel das Kabinett verlassen
hatte, im Schlitz des Vorhanges den mit einem Diadem gezierten
Helm B. B.'s blinken und Gewänder herumfluten.
Am 29. August wird der Vorhang ungestüm zur Seite gerissen
, ich erkenne deutlich und unbestreitbar Martha und
Äischa neben einander sitzend. Kein Zweifel, sie waren es,
ich sah sogar, wie sie sich bewegten. Gleichzeitig
sehe ich eine grosse weisse Gewandung, die sich um einen
nach oben gestreckten Arm legt, der soeben den Vorhang
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