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Deinhard: Die Materialisationssitzungen in Algier. 145
Wäre Martha wirklich ein weiblicher Klown und belasse
sie die nötige Verschlagenheit dazu, so würde sie
sicher auch einsehen, dass ein an Äischds Lehnstuhl befestigter
leerer Aermel eben den Eindruck eines leeren
Aermels macht. Dies ist um so auffallender, als nichts
leichter gewesen wäre, als diesen Aermel ebenso wie ihren
übi igen Körper hinter B. B.'s Gewändern zu verbergen. Ich
stehe nicht an, zu gestehen, dass meiner Meinung nach
dieser leere Aermel, weit entfernt davon, den Betrug zu beweisen
, gerade das Gregenteil beweist, nämlich, dass es sich
hier um keinen Betrug handelt, da er den Gedanken nahelegt
, dass er die Folge einer Art materieller Desaggregation
des Mediums ist, von der das Medium kaum eine Ahnung
haben dürfte.
Allein ich will diese Theorie nicht weiter verfolgen.
Sie ist noch verfrüht. Weitere Versuche sind es, was wir
vorläufig brauchen. Ich kann mich auch heute noch nicht
dazu herbeilassen, definitiv für dieses Phänomen einzutreten.
Denn trotz all der Beweise, die meiner Ansicht nach dafür
sprechen, trotz alle dem, was ich gesehen und erfahren habe,
kann ich mich doch noch nicht entschliessen, das Phänomen
der Materialisation in seiner ganzen Bedeutung und mit all
den sich daran knüpfenden Konsequenzen tatsächlich für
bewiesen zu erklären. Es wäre von einem Physiologen doch
zu viel verlangt, wenn er für ein so aussergewöhnliches
und unwahrscheinliches Phänomen sofort eintreten sollte.
Ich wenigstens werde mich nicht so leicht ergeben, selbst
der Evidenz nicht. —
Jedenfalls aber habe ich es für angezeigt gehalten,
diese Dinge hier zur Sprache zu bringen, ebenso wie Sir
William Crookes in einer viel schwierigeren Zeit geglaubt
hat, über den Fall Katie King berichten zu sollen. Im
übrigen bleibt ja immer noch die Möglichkeit offen, dass
ich getäuscht worden bin. Die Erklärung einer solchen
Täuschung wäre allerdings hervorragend wichtig.
Trotz alle dem — soll ich es sagen ? — glaube ich nicht,
dass ich getäuscht worden bin. Ich neige im Gegenteil zur
Ueberzeugung, dass es etwas Reales war, dem ich angewohnt
habe, kein Trug. Gewiss, worin und woraus eine Materialisation
besteht, das weiss ich nicht. Die Lösung dieses
Problems ist vielleicht von derjenigen, die der naive Spiritist
gibt, sehr verschieden. Was ich aber bereit bin, zu
behaupten, ist, dass wir es hier mit etwas tief Geheimnisvollem
zu tun haben, das unsere heutigen Vorstellungen
von der Materie und vom Leben von Grund aus umwandeln
wird.1**)
*) B. Nachschrift der Red. S. 150 tf
Psyohische Studien. März 1906.
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