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Reichel: Kreuz und Quer durch die Welt.
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liegen verschiedene Badeplätze, wie „Santa Monica", „Re-
dondo", „Long Beaeh", „Playa del Rey", „Oeean Park",
alle mehr oder weniger primitiv; macht man Ausstellungen,
so antwortet der Amerikaner: „Was wollen Sie? California
iß a new country", womit er ja wohl Recht hat. Der
unseren Lesern mitteilen. Ersterer schreibt uns, dat. San Francisco,
Oal. 15. XII. 1905 u. a.: „Ich glaube, es war im Jahre 1897, als ich
ersucht wurde, Frau Geheimrat v. Zimmermann wegen eines Magen-
und Kopfleidens zu behandeln; ich befreite sie davon und später
auch den (um den Aufschwung der Industrie in Deutschland hochverdienten
Gründer der Chemnitzer Werkzeug-Fabriken, sowie der
dortigen Naturheilanstalt) Herrn v. Z. von einem schweren Gichtleiden
; so wurde ich Freund des Hauses und reiste im Sommer 1898
mit ihnen als behandelnder Magnetiseur nach Homburg und Ostende
. Später behandelte ich auch kurze Zeit den mir durch die
Frau Geheimrat vorgestellten damaligen Landrichter Albert Efimeke,
der nur ein Bein hat und vom Kopf bis zu den Zehen krank ist,
wofür der mir leider noch nicht näher bekannte Herr, in vollkommener
Unkenntnis der Konsequenzen einer richtigen magnetischen
Behandlung, welche, die Krankheit heraustreibend, natur-
gemäss heftige Krisen verursacht, mir mit Beschuldigungen dankte,
wie sie nur ein Teufel erfinden kann. Da er in die Frau Geheimrat
schon seit längerer Zeit wahnsinnig verliebt war, aber von ihr
abgewiesen wurde, wogegen er bei ihr eine Vorliebe für meine Person
zu bemerken glaubte, wartete er nun, wenn er merkte, dass sie
zu einer Behandlung zu mir gehen wolle, Stunden lang auf dem
Korridor meines Hauses, schrieb ihr die tollsten Liebesbriefe, schlug
sie sogar, als ich einmal gegen seinen Willen zu einer Behandlung
in ihr Haus gekommen war, umgab dieses mit Spionen und machte
sich so lächerlich, dass ich an seinem Verstand zweifeln musste.
Nur die Rücksicht auf den Herrn Geheimrat, der vor Aufregungen
zu bewahren war, Hess Frau v. Z. zuerst schweigen. Schon 1892
hatte aber dieser „Hausfreund* dem letzteren unter dem Vorwand,
dass nach seinem Tode seine Kinder aus erster Ehe der Frau Geheimrat
die grössten Unannehmlichkeiten machen würden, einen
Erb vertrag aufgezwungen, durch den er sich selbst 50 000 M. und
überdies 2 % von der Erbschaft ausbedungen hatte, welche Summe
er sich später auf 260 000 M. berechnete. Dieser für einen preussi-
schen Richter gesetzwidrige Vertrag veranlasste nachher den kgl.
Disziplinargerichtshof, da die Sache zwar für eine gerichtliche Bestrafung
, nicht aber für ein Disziplinarverfahren verjährt war, sich
einzumischen., nachdem Frau v. Z. dem E. 165 000 M. bar ausgezahlt
hatte. — Mich selbst hatte Herr v. Z. noch vor seinem im Juli 1901
durch ein Darmleiden herbeigeführten Tode gebeten, seiner Witwe
hilfreich zur Seite zu stehen, was ich um so eher versprechen
konnte, als ich kaufmännisch ausgebildet und bis 1888 im Bankfach
tätig war. In das Staatsanwaltsverfahren wurde ich jedoch nicht
verwickelt, sondern nur einmal im Disziplinarverfahren vernommen,
bei welcher Gelegenheit Herr Landesgerichtsdirektor Lindenberg die
naheliegende Frage an mich richtete, warum Herr v. Z. nicht bei
seinen Lebzeiten diesen Dingen durch eine Anzeige ein Ende gemacht
habe. Schon früher war mir allerdings von sachkundiger
Seite der Gedanke nahegelegt worden, den K wegen dieses Kontrakts
bei Exzellenz v. üronkmann, dem Präsidenten des Kammergerichts
, zu denunzieren, was ich aber, als meinem Charakter zu-
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