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160 Psychische Studien. XXXIIL Jahrg. S. lieft. (März 1906.)
Albert Kniepf in Hamburg kennen lernte, weisen viel eher
auf eine absolute Bestimmung des menschlichen Schicksals
hin. Dass die Chiromantie und der Somnambulismus usw.
uns zukünftige Ereignisse oft genau voraussagen, betrachte
ich als feststehende Tatsache. Ich erinnere nur an Mme.
de Thebes*) in Paris, an die Berliner Seherin Mme.
de Ferriem, an die Zeugnisse für die Weissagungen Cazotte'n
bei Laharpe**) und hunderte von anderen Beispielen, wie
sie sich m der spiritistischen Literatur finden. Darnach
gibt es Bestimmungen, die man nicht wohl umgehen kann;
weshalb soll dann also der Mensch, der durch einen sogenannten
Zufall, den er nicht vorhersehen konnte, ums
Leben kam, so schwer dafür zu büssen haben? Auch der
jetzige Schriftleiter der „Psych. Stud.", Prof. Maier, sowie
Hofrat Seiling haben sich gelegentlich über die Berechtigung
des Selbstmordes unter gewissen Bedingungen,***) in einem
Sinne ausgelassen, gegen den die Mehrzahl der Leser wohl
kaum viel einzuwenden haben dürfte. Wenn es meine
Prädestination zulässt, werde ich jedoch bald Indien besuchen
, um womöglich an der Quelle die „esoterische Lehre"
zu studieren. —
Bei der sehr massgebenden Stellung der Frau in
Amerika, wo dieselbe ganz ungleich höher steht, als in
Buropa, dürfte aber die indische Theosophie — das
Vedanta-System ist ja eines der Hauptsysteme — hier zu
Lande kaum viel Erfolg haben, wenn die Amerikanerin
die Ansicht Buddha's über das weibliche Geschlecht hört.
Sie ist ähnlich der Schopenhauer^ und Nietzsche's! Dr.
Max Freiherr von Wimp/fenf) schreibt darüber folgendes:
„Eine sonderbare Meinung hat der Erleuchtete vom
schwachen Geschlecht. Jede Frau wird, wenn sie die Gelegenheit
hat oder einen passenden Ort oder den passenden
Verführer findet, eine Sünde begehen, nötigenfalls mit einem
Krüppel, wenn kein besserer da ist. Unergründlich verborgen
, wie im Wasser des Fisches Weg, ist das Wesen
der Weiber, der vielgewitzten Bäuberinnen, bei denen
Wahrheit schwer zu finden ist, denen die Lüge ist wie die
Wahrheit und die Wahrheit wie die Lüge" usw. —
*) „Psych. Stud.' 1896, 8. 467, 1897, 8. 198, 647 ff.
**; „Psych. 8tud/ 1898, S. 455, von Dr. Halter Bormann. Vgl.
Bubver's „Zanoni" (Leipzig 1842) 8. 72.
***) Siehe „Psych. Stad." 1900, 8. 489 und 1901, 8. 165 ff.
f) „ Kritische Worte über den Buddhismus" (Wien, Carl
Konegen) 1891. Vergl. Hermann Ohlenberg: „Buddha, sein Leben,
seine Lehre, seine Gemeinde", Berlin 1881, und Heinrich Kern:
„Der Buddhismus und seine Geschichte in Indien", übersetzt von
Herrn. Jacobi, Leipzig 1882.
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