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Reichel: Kreuz und Quer durch die Welt.
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Der okkultistische Monismus, wie ihn hauptsächlich
Hellenbach und du Prel vertreten,*) befriedigt in ganz
anderer Weise die Bedürfnisse des menschlichen Verstandes
und Gemütes, als die indische Theosophie: dies war stets
mein Eindruck, den mir meine, wenn auch geringen Erfahrungen
, bestätigten.
Die Schranke, welche die beiden Welten (die geistige
und die materielle) trennt, mag allmählich fallen, wie viele
andere Schranken, und wir werden zu einer höheren Auffassung
der Einheit der Natur gelangen. Die Zahl der
möglichen Dinge im Weltall ist ebenso unendlich, wie
dessen Ausdehnung, Was wir wissen, ist ein Nichts im
Vergleich zu dem, was uns zu wissen noch übrig bleibt.
Wenn wir uns mit dem Halbbesitz begnügen
wollten, den wir bis jetzt erlangt haben, so
würden wirVerräter an den heiligsten Rechten
der Wissenschaft sein!**)---
Mein Verlangen, wieder einmal Eis und Schnee zu
sehen und wieder einmal frieren zu können, ging schneller
in Erfüllung, als ich dachte. Die „Pacific Coast Steamship
Co.", die ihre Schiffe von San Diego an der mexikanischen
Grenze bis Alaska laufen lässt, veranstaltet im Sommer
einige Exkursionen von Tacoma in Washington bis Alaska
und so schloss ich mich gleich der ersten, die am 8. Juni
Tacoma verlässt, an. Von Los Angeles bis dorthin braucht
die Eisenbahn 60 Stunden, ehe das Schiff zu erreichen ist.
(Die Fahrt von Berlin nach Rom dauert 38 Stunden.) Ich
passierte wieder, wie 1904, den schneebedeckten Mount
Schasta (14450 Fuss hoch) mit seinen berühmten Schasta-
W asser-Quellen, sodann Portland in Oregon, wo gerade die
Centennial Exposition war, endlich Tacoma, das, umgeben
von Gebirgen, ganz herrlich am Wasser liegt, aus denen
der 14440 Fuss hohe, vollkommen mit Schnee bedeckte
Mount Rainier hervorragt. Hier bestieg ich den Dampfer
„Spokane" mit vielleicht 150 Passagieren. Unsere erste
Landung fand in Seattle statt, die zweite Port Victoria
auf Vancouver, das zu British Columbia (Canada) gehört;
sodann fuhren wir 42 Stunden nordwärts immer zwischen
der Insel Vancouver und dem Festlande von British Columbia
, bis wir als erste Station Ketchikan in Alaska
erreichten, wo unser Schiff von einer Indianerbande mit
Musik empfangen wurde. Die Vereinigten Staaten haben
*) Dr. du Prel: „Die monistische Seelenlehre", Leipzig {Ernst
Günther) 1888.
**) Oberst de Rochas: „Die Grenzen der Physik", übersetzt von
Dr. med. Frendenberg in „Uebers. Welt", Augustheft 1898, & 299.
Psychische Studien. März 1906. 11
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