Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
33. Jahrgang.1906
Seite: 171
(PDF, 221 MB)
Bibliographische Information
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Freudenberg: Ein Beitrag zur Theorie des Gespenstersehens. 171

tauchen vor Benedikt seltsame Fratzen auf, so lebenswahr
und täuschend, dass er, obwohl frei von jedem Gespensterglauben
, dennoch lebhaft erschrickt und jedesmal unwillkürlich
zusammenfährt, bis er seinen Geist gesammelt und sich
die Situation klar gemacht hat. Da das angegebene Augenleiden
durchaus nicht etwas seltenes ist, so muss man dem
Verfasser darin wohl recht geben, wenn er es auf Grund
seiner persönlichen Erfahrung erklärlich findet, wie gewisse
Geistergeschichten entstehen. Denn, sagt er, die Täuschung ist
so vollkommen, dass sie auch bei geistig und moralisch Gesunden
irreführen muss. An ähnlichen Leiden erkrankte Individuen
(dieselben brauchen zudem über ihr Leiden resp. die Art
desselben nicht einmal unterrichtet zu sein, da ihnen das
gesunde Auge deo Defekt des anderen ganz oder fast ganz
verdeckt) können als Zeugen beschwören, Geister oder Gespenster
gesehen zu haben, da sie fest von der Wirklichkeit
des Gesehenen überzeugt sind, und sie können als ehrenhafte,
wahrheitsliebende, geistig vollkommen gesunde Menschen
überdies noch den höchsten Grad von Glaubwürdigkeit für
sich in Anspruch nehmen, im geraden Gegensatz zu allen
an Nervosität, Neurasthenie, Hysterie leidenden Personen,
denen die Eigenschaft der nüchternen Beobachtung völlig
abgeht.

Es liegt dem Verfasser und ebenso dem Berichterstatter
föllig fern, diesen Fall verallgemeinern und zu einem Gesetz
machen zu wollen. Immerhin aber ist er geeignet, den
Schlüssel zu mancher seltsamen Angabe und TJeberzeugung
auf dem beregten Gebiete zu bieten. — Niemand wird an
der obigen wissenschaftlich wichtigen Mitteilung Benedikfs
von nun an achtlos vorübergehen dürfen, wenn es sich darum
handelt, die Bausteine zusammenzutragen, welche die
Erklärung des Zustandekommens von Gespenstersehen begründen
.

So wichtig oder so wenig wichtig jedoch immerhin
für die Erkennung der Aetiologie des in Eede stehenden
Phänomens die Benedikt'sohe Beobachtung aber auch sein
mag, — die Entscheidung bleibt weiterer Erfahrung vorbehalten
—, immerhin aber lehrt uns dieser konkrete Fall
wieder ein Allgemeines, nämlich die absolute Unzuverlässig-
keit unserer Sinnesorgane und die dadurch herbeigeführte
Möglichkeit von Täuschungen. Der ärztliche Fachmann
als Anatom, als Pathologe, als Psychologe wird durch die
vollendetere Einsicht in die normale und krankhafte Mangelhaftigkeit
unserer Sinnesorgane naturgemäss auf den Standpunkt
des Skeptikers gerückt, da er die naive Gutgläubigkeit
des Laien als gewissenhafter, nur dem Dienste der Wahrheit


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