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De Fremery: Anleitung zur Kenntnis des Spiritismus. 197
den Weg zu den Ruinen ganz gut; was mich betrifft, so
hatte ich den Waldsaum nie überschritten. An einem Tag
in den Ferien sagte meine Mutter endlich: „Morgen früh
um 5 Uhr werden wir einen herrlichen Spaziergang zu den
Ruinen von Montfalcon machen. Du musst deshalb heute
Abend früh zu Bette gehen."
Ich war über diese Aussicht so überrascht, dass ich
lange Zeit darüber wach blieb. Ich dachte bloss an den
Genuss des folgenden Tages und sah in meiner Phantasie
schon die romantische Ruine in der herrlichsten Landschaft
der Welt. Endlich schlief ich ein und träumte, dass meine
Mutter und ich auf dem Wege nach Montfalcon waren;
allein die Landschaft, welche ich im Traume sah, kam mir
ganz gewöhnlich vor und entsprach der Vorstellung, welche
ich mir von ihr gemacht hatte, durchaus nicht. Wir
folgten einem breiten Fussweg, der teils durch den Wald,
teils wieder durch Heidelbeer- und Ginstersträucher ging.
Als wir bei einer Spaltung des Fussweges angekommen
waren, stand meine Mutter still und sagte: „Ich weiss nicht,
ob wir rechts oder links gehen müssen," „Gehen wir rechts,"
sagte ich ohne Zögern, „dann kommen wir in ein kleines
Tal, durch welches ein Bach mit dunklem Wasser läuft.
Wir werden über diesen Bach auf einem viereckig behauenen
Baumstamm gehen, der als Brücke dient und sich nahe bei
einer Köhlerhütte und einem Birkenwäldchen befindet."
Wir schlugen also den rechten Fussweg ein und kamen
wirklich bald zu dem Bache mit der Holzbrücke. Der
Fuss weg bog weiter rechts ab, also nach Südwesten,
Soweit war ich in meinem Traume gekommen, als mich
meine Mutter aufweckte; es war halb fünf Uhr. Ich
kleidete mich rasch an und wir machten uns an einem
prächtigen Augustmorgen auf. Ich dachte an meinen unterbrochenen
Traum nicht mehr; allein als ich in den Wald
kam, in dem ich vorher niemals gewesen war, kam es mir
vor, als ob ich die Details des Weges kenne, und ich bekam
den Eindruck, sie schon einmal gesehen zu haben,
ohne mir übrigens darüber Rechenschaft zu geben. Plötzlich
stand meine Mutter still; wir waren wirklich an die
Spaltung des Weges gekommen, die ich im Traume gesehen
hatte. „Ich weiss nicht, sollen wir den linken oder den
rechten Fussweg einschlagen," sagte sie.
Jetzt stand mir mein Traum ganz lebhaft vor dem
Geist; ich sagte entschieden, aber fast unbewusst: „Gehen
wir rechts, dann kommen wir in ein Tal, durch welches ein
Bach mit dunklem Wasser fiiesst. Wir werden auf einem
viereckig behauenen Baumstamm gehen, der als Brücke
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