Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
33. Jahrgang.1906
Seite: 239
(PDF, 221 MB)
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Nagel: Die MM. Wunderbericbte in okkultistischer Beleuchtung 239

Erklärung. Da heisst es glauben oder verwerfen, wenn man
nicht etwa annehmen will, dass eine wahre Tatsache insofern
zu Grunde liegt, als anscheinend dem Tode Verfallene
wieder belebt wurden, woraus dann die Ueberlieferung im
Laufe der Zeit die vorliegenden Erzählungen schuf. Die
heutigen Heilmagnetiseure behaupten ja, durch ein ihnen
entströmendes Fluidum, tierischen Magnetismus, Heilungen
hervorrufen zu können. Hieran erinnert das überlieferte
Wort Jesu: „Ich fühle, dass eine Kraft von mir gewichen
ist," das er sprach, als ein Weib von hinten sein Gewand
berührt hatte. Vielleicht dürfen wir hieraus auf das Mittel
8chliessen, wodurch selbst dem Tode Nahen neue Lebenskraft
eingeflösst wurde.

Die Erscheinungen Jesu aber finden in der okkultistischen
Literatur zahlreiche Gegenstücke, und es lässt sich
auch denken, dass die gläubigen Jünger starke mediumisti-
sehe Kräfte besassen.

Der streng orthodoxe Christ wird die Gleichstellung
okkulter Phänomene mit den biblischen Wundern nicht
billigen« Das ist sein gutes Recht. Aber er hat kein
Recht, andere ihres vermeintlichen Unglaubens wegen zu
tadeln, was ihm die Stelle Joh. 20, 27—29 beweisen sollte.

Thomas, ein gewiss ebenso würdiger Apostel wie die
übrigen, der sicherlich auch manches Wunder miterlebt
hatte, konnte nun einmal an die ihm mitgeteilte Erscheinung
Jesu nicht glauben, obgleich er doch nicht den geringsten
Grund hatte, die Glaubwürdigkeit seiner Freunde zu bezweifeln
. Die zweite Erscheinung Jesu hat augenscheinlich
nur den Zweck gehabt, Thomas zu überzeugen. Auch diesmal
kann er seinen Augen allein noch nicht trauen. Schliesslich
kann er nicht länger daran zweifeln, dass der Auferstandene
vor ihm steht. In den Worten: „Selig sind, die
nicht sehen und doch glauben1' kann kein Verständiger
einen Tadel oder Vorwurf finden. Sie besagen einfach, was
auch Goethe im Anfang des „Faust" veranschaulichen wollte,
dass nämlich der naiv und kindlich Glaubende oft weit glücklicher
ist, als der kritisch urteilende, stets skeptische Wahrheitssucher
. Ein durchaus richtiger Gedanke, der aber
keineswegs zur Missachtung wissenschaftlichen Strebens und
vernünftigen Urteilens berechtigt. Wer also über jeden
Zweifler an der Zuverlässigkeit biblischer Berichte pharisäerhaft
den Stab bricht, mag noch einmal ruhig die angeführte
Stelle prüfen und sich dann seines geistlichen
Hochmutes schämen.


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