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*** ^ptikphäuomene, die mit einem Brand absobliessen. 285
unterzog, fand sie zu ihrer grössten Ueberraschung, dass
jemand über Nacht in derselben sich zu schaffen gemacht.
Die Altardecke, die abends ausgebreitet worden, war yon
unsichtbarer Hand zusammengefaltet und damit die drei
Altarrahmen umwickelt worden» Die vier in Porzellanvasen
steckenden „Palmen* aus künstlichen Blumen waren samt
ihren Vasen quer über den Altar gelegt worden, ohne die
davor stehenden Altarkerzen umzuwerfen. Das lange Pfahlrohr
, das zum Anzünden der Altarkerzen diente, stand
nicht mehr in der gewöhnlichen Ecke, sondern lag quer am
Boden mitten in der Kirche. Desgleichen verliess die kleine
Altarglocke den ihr angewiesenen Platz und läutete in der
Nacht so heftig, dass sie von den Bewohnern eines Nachbarhauses
deutlich vernommen und das Läuten dem verstorbenen
Küster zugeschrieben wurde. Zur Erklärung
dieser seltsamen Vorfälle dachte die Küsterin zunächst an
Ratten und Katzen, die in der Nacht sich möglicherweise
damit unterhalten haben konnten, die genannten Veränderungen
herbeizuführen; mit Rücksicht auf die Häufigkeit
derselben war aber diese Erkläiung nichts weniger als
plausibel.
Ihr Gatte, den sie im Vertrauen hiervon verständigte,
zuckte die Achseln und schalt sie eine Närrin. Während
sich diese Vorfälle in der Kirche ereigneten, begann nun
der Spuk auch in der Wohnung der Eheleute. Insbesondere
in der Nacht wurden dieselben durch lautes Klopfen an
den Türen, dann durch ein Krachen und unheimliches
Kratzen im Innern des Hauses unangenehm* überrascht.
Eines Morgens befand sich Luise Moimas allein mit ihrem
Töchterchen in der Kornkammer im oberen Stockwerk und
schaufelte das Korn, als sie plötzlich eine so tüchtige
Maulschelle auf die linke Wange bekam, dass ihr dieselbe
anschwoll und sie acht Tage lang davon Schmerzen empfand
. Das Gepolter und das Geräusch Hessen sich nun
auch bei Tage vernehmen und ängstigten die arme Frau
umsomehr, als ihr Gatte tagsüber ausser dem Hause beschäftigt
war. Einst stellte sie einen Topf mit Bohnen ans
Feuer, ab und zu nachsehend, ob derselbe kochte; kaum
hatte sie sich aber auf einige Sekunden entfernt, so fand
sie denselben in Stücke zerschlagen und dessen Inhalt verschüttet
. Wegen Mangels eines anderen Kochgeschirrs
blieb die Familie an diesem Tage ohne Mittagessen. Tags
darauf kaufte sie auf dem Markte sechs neue Töpfe von
verschiedener Grösse und stellte sie auf den gewöhnlichen
Standort über den Herd. Eines anderen Tages betrat sie
das Schlafzimmer und fand dort die Tischdecke ganz zu-
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