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372 Psychische Studien. XXXIII. Jahrg. 6. Heft, fJuni 1906.)
mordet worden, ein dritter habe den Handwagen im Buschwerk
versteckt. Er konnte auch der Gerichtskommission
ganz genau die Stelle bezeichnen (zwischen Schmöckwitz
und Zeuthen), und als man bald darauf die Mörder ergriffen
hatte, so stellte sich alles der Wirklichkeit entsprechend
heraus, —
Ein anderer Knabe konnte einmal durch einen Traum
seine Familie vom wirtschaftlichen Kuin retten. Der Kassier
Apfelstädt bei der Hofkammer in Erfurt starb schnell an
einem hitzigen Fieber, und als man Nacnrechnung bei ihm
hielt, fand sich in der Kasse ein ganz bedeutender Ab-
mangel, auch verschiedene wichtige Papiere fehlten. Alles
war darüber erstaunt, denn man hatte den Verstorbenen
für einen durchaus ehrlichen Mann und treuen Beamten
gehalten. Da träumte es dem 16jährigen Sohn, der Vater
erscheine ihm und führe ihn in das kurfürstliche Sitzungszimmer
, wo hinter dem Stuhl des Statthalters versteckt
eine Kiste mit Geld und Rechnungen sich finde. Und
richtig, es verhielt sich so, und jetzt stimmte alles his auf
Heller und Pfennig. —
Etwas Seltsames wusste auch der erste Inspektor des Basler
Missionshauses Blumhardt (gest. 1839), aus seiner Jugend zu
erzählen. Er sollte zur Vollendung seiner theologischen
Studien ein Examen zur Erlangung des Magistergrades
machen; aber hierzu fehlten ihm die nötigen Sportelgelder im
Betrag von etwa 200 Gulden. Eines Tags fragte nun ein alter
Professor am Schluss seiner Vorlesung die anwesenden
Studenten: „Ist vielleicht unter Ihnen ein Herr „Blumauer''
oder ähnlichen Namens ?" Ein Blumauer fand sich allerdings
nicht, aber Blumhardt meldete sich. Er musste mit dem
Professor auf sein Zimmer kommen und hier händigte ihm
dieser 200 Gulden ein, die er, wie er unter lebhafter Gemütsbewegung
ihm mitteilte, infolge eines Traumes in der
vorhergehenden Nacht ihm zustellen sollte. —
Etwas gar Liebliches wiederfuhr auch einer Frau
Röchling in Neuwied, der Vorsteherin des dortigen Gasthauses
der Brüdergemeinde. In der ersten Nacht, nachdem
sie ihren neuen Posten angetreten hatte, träumte ihr, und
zwar dreimal hintereinander, eine ganze Eeihe von Extraposten
fahren vor, eine Menge Damen und Herren steigen
aus und wollen schnell ein Mittagsmahl bei ihr nehmen.
So richtete sie denn in ihrem kindlichen Glauben eine feine
und reichliche Bewirtung zu, und siehe da, am Nachmittag
kommt der Herzog von Koburg mit grossem Gefolge angefahren
, lässt fragen, ob er nicht schnell ein Mittagsmahl
nehmen könne, es sei leider versäumt worden, einen Vor-
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