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Greif: Ein Erinnerungsblatt an Karl du Prel. 395
weise in Erscheinung tritt, wie dessen Existenz auch schon
von einzelnen Kirchenvätern gelehrt wird. Während unseres
irdischen Daseins haben wir von dem unsterblichen Teil
in uns für das Gewöhnliche kein Bewusstsein, aber in der
Stimme des Gewissens regt sich die Seele fort und fort in
unverkennbarer, nicht zu unterdrückender Weise. Ihr
Zeugnis begleitet uns durch das ganze Leben, so sehr es
auch durch die Tätigkeit des auf unsere irdischen Bedürfnisse
allein Bedacht nehmenden zerebralen Bewusstseins im
übrigen beschränkt wird, und wir nehmen es mit hinüber
in die andere Welt. Der tiefe ethische Gehalt, der in
diesem Gedanken liegt, kann von niemandem geleugnet
werden, und du Prel hat die unser Gemüt erhebenden
Polgerungen daraus im mächtigen Schlusskapitel seines
Hauptwerkes „Die Philosophie der Mystik" in herrlichen
Worten selbst auch gezogen. Sein unvergängliches
und durch keinen Widerspruch zu erschütterndes Verdienst
wird es daher bleiben, die metaphysische Wurzel im Menschen
blossgelegt und den transszendentalen Individualismus
als Daseinsprinzip aufgedeckt zu haben.
So konnte denn auch seine letzte Schrift, die er „Der
Tod, das Jenseits und das Leben im Jenseits" betitelte
, jedem, der sich in sein Denken vertieft hatte, gleichsam
als sein Testament erscheinen, das er sterbend der
Welt hinterlassen hat. Dass diese aber auch davon Kenntnis
nahm, beweist die inzwischen nötig gewordene, im Verlag
von Costenoble in Jena nunmehr erschienene neue Auflage
. Ebenso spricht dafür die durch den berühmten französischen
Forscher Albert von Rochas herausgegebene, von
Frau Agathe Haemmerle besorgte Uebertragung ins Französische
, die jüngst in Paris erschienen ist*) In der biographischen
Einleitung, der genealogische Nachrichten über
die aus dem Burgundischen stammende Familie du Prel angehängt
sind, wird das Bestreben unserer westlichen Nachbarn
sichtbar, unseren ausgezeichneten Landsmann zu den
ihrigen zu zählen; dass er aber in aller Zeit der Unsere
verbleibt, dafür hat Alfred Freiherr von Mensi durch das unzerstörbare
Denkmal gesorgt, das er seinem geliebten
Freund in der „Allgemeinen Deutschen Biographie"
errichtet hat. Eine Wirkung davon dürfte wohl in der unlängst
erschienenen zweiten, stark vermehrten Auflage des
zweibändigen Werkes der „Studien aus dem Gebiete
der Geheimwissenschaften" (Leipzig, Verlag von M.
*) Verlag Chacomac; siehe die Besprechung von Dr. ßübbe-
Schleiden im Aprilheft v. J., S. 24819. — Ked.
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