Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
33. Jahrgang.1906
Seite: 411
(PDF, 221 MB)
Bibliographische Information
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Seiling: Die Kardinalfrage der Menschheit« 411

und zwar nach einem besseren und vollkommneren Leben,
sowie nach einem Wiedersehen der unserem Herzen nahe
Stehenden zu erfüllen wissen. Hebbel sagt einmal sehr
sinnig: „Es muss irgend eine bessere Zukunft sein, sonst
wäre das Abendrot nicht so schön.*4 Dieser Satz wird,
wohlgemerkt, gelegentlich von Schopenhauer angezogen, der
dabei doch gewiss nicht an ein vollkommenes Aufgehen des
Individuums imAll-Einen gedacht haben kann; denn gänzliche
Einbusse des individuellen ßewusstseins ist — darüber
darf man sich keiner Täuschung hingeben — in der Wirkung
gleichbedeutend mit absolutem Nichtsein. Von dieser
Kehrseite des Pantheismus wollte auch Goethe nichts wissen,
indem er z. B. meinte; „Durch die Alleinigkeitslehre wird
soviel gewonnen, als verloren, und zuletzt bleibt das so
tröstliche als untröstliche Zero übrig."

Ein für die persönliche Portdauer sehr schwer ins Gewicht
fallender Umstand ist die angesichts der schrecklichen
Beschaffenheit der Welt so aufdringliche Forderung einer
ausgleichenden Vergeltung nach dem Tode. Mit
vollem Recht sagt Rousseau in seinem „Emil": „Hätte ich
auch keinen anderen Beweis von der Immaterialität der
Seele, als den Triumph des Bösen und die Unterdrückung
des Gerechten in dieser Welt, so würde er allein mich abhalten
, daran zu zweifeln. Ein so anstössiger Misston in
der allgemeinen Harmonie würde mich die Auflösung desselben
suchen lassen. Ich würde zu mir sagen: es endigt
sich nicht alles für uns mit dem Leben, alles kommt bei
dem Tode wieder in Ordnung." Gegen diese Auffassung
ist allerdings schon von Alters her geltend gemacht worden,
dass Tugend und Laster ihren natürlichen, inneren Lohn
in sich selbst tragen, jene als Seelenfrieden, dieses als Gewissensbisse
und Furcht vor Strafe. In einzelnen Fällen
mag es so geschehen, im grossen und ganzen aber kann von
einem vollen Ausgleich zwischen Handeln und natürlichem
Lohn nicht die Bede sein. Ein tugendhafter Lebenswandel
oder eine hochherzige Tat können von so schweren, sozialen
und gesundheitlichen Schädigungen oder auch nur von einer
melancholischen Gemütsverfassung begleitet sein, dass das
süsse Gefühl des Seelenfriedens kaum oder gar nicht aufkommen
kann. Selbst Schiller, der seinen Posa sagen lässt:
„Mir hat die Tugend eigenen Wert" und der es mit Kant
für sittlicher hält, „die Erwartung der künftigen Welt auf
die Empfindungen einer wohlgearteten Seele zu gründen,
als umgekehrt ihr Wohlverhalten auf die Hoffnung einer
anderen Welt," — trägt dem Vergeltungsprinzip Rechnung


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