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v Binder-Krieglstein: Kalter Hass.
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stens dadurch, dass wir in der Wahl unserer Mittel, in
unseren Eroberungen vielleicht weniger blutig und grausam,
dafür aber desto intensiver vorgehen und dort, wo wir
festen Fuss gefasst haben, nicht allein als kaltlächelnde
Usurpatoren dastehen, die alle baren Reichtümer eines
Landes an sich reissen, sondern ausserdem noch materiell
die eroberten Gebiete auf Jahrhunderte hinaus abhängig
machen. Wir senden Missionäre, die den Leuten eine Religion
bringen, die in gar keiner Hinsicht für sie passt,
greifen in ihr Familienleben ein und zwingen sie zur Monogamie
, dieser herrlichen Erfindung des Christentums, der
wir aber mit tausend Mitteln auszuweichen verstehen, während
sie bei den Eingeborenen einfach erzwungen wird, und
endlich schwätzen wir ihnen unsere schlechten Waren —
,,für Export ins Ausland" fabriziert und dementsprechend
gearbeitet — sowie unsere westliche Kultur auf, deren
Quintessenz die Mittel, grosse Raubzüge zu veranstalten,
enthält. Und nun wundern wir uns! Wundern uns über
diese Halunken von Boxern, die eigentlich um keinen Fuss
breit hinter Andreas Eofer und seinen Tirolern zurückstehen,
— wundern uns über den niederträchtigen „Verrat der
Hereros" und verdammen die Gemetzel der Seapoys oder
der Afridis, nachdem wir unser Möglichstes getan haben,
die Leute zur Verzweiflung zu treiben.
Solange einer Rasse noch die geringste Hoffnung bleibt,
eines Tages das Joch der Fremdherrschaft abschütteln zu
können, wird diese in ihrem Nationalcharakter unverändert
bleiben und die Usurpation als nur zeitweilig betrachten,
wie es Chinesen, Turkmenen und selbst die Neger tun, die
für die vermeintlich nur kurze Zeit des fremden Joches
den Mantel nach dem Winde hängen, die augenblickliche
Situation so weit als möglich zu ihrem Besten zu wenden
versuchen und sich mit ihren Bedrückern auf möglichst
guten Fuss stellen. So kommt es, dass man sich mit
Negern, Chinesen, Arabern und Neuseeinsulanern auf guten
Fuss stellen und persönlich sehr angenehme Beziehungen
zu ihnen unterhalten kann, die die Betreffenden allerdings
der „Zeit" zu übersenden. Dieselben haben zwei höchst merkwürdige
Tatsachen zum Gegenstände und dienen so recht wieder
zur Illustration des Satzes, dass zwischen Himmel und Erde Dinge
existieren, von denen sich die „Weisen" nichts träumen lassen.
Zudem haben beide Artikel den Vorzug vollkommener Objektivität
, da der Verfasser derselben selbst zugibt, nichts weniger
als ein Anhänger des Okkultismus zu sein. Indem ich einer geehrten
Schriftleitung anheim stelle, von beiden interessanten
Artikeln beliebigen Gebrauch zu machen, zeichne ich mit grösster
Hochachtung ergebenst Rudolf Schuster.*
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