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Khandalvala: Dr. Heinrich Hensoldt's Alpdrücken. 483
welchen Glauben beimessen ? Doch was tat der Herr Doktor
, nachdem er dieses verblüffende „Gewebe von Lug und
Trug" durchschaut hatte? War es nicht für ihn als ehrenhaften
Menschen geradezu Pflicht, diese von ihm entdeckte
n Betrügerei" auf irgend eine Weise öffentlich bekannt zu
machen? Aber sogar, nachdem Dr. Hodgson seine Untersuchung
in Indien begonnen hatte und vergebens nach
einem einzigen Zeugen gefahndet hatte, der ihm hätte sagen
können, dass er den betrügerischen Mechanismus wirklich
gesehen habe; ja sogar, nachdem die Londoner „Gesellschaft
für psychische Forschung" Hodgson'* Bericht veröffentlicht
und versucht hatte, Frau Blavatsky anzuschwärzen,
sodass man in der ganzen Welt von diesem Skandal sprach:
warum trat Herr Dr. Bensoldt damals nicht hervor, um
auszusagen, was er gesehen hatte? Warum bot er sich
nicht d a m a 18 der „ Gesellschaft für psychische Forschung
" als Zeuge an? Warum erstattete er nicht
dieser Gesellschaft oder irgend einer Zeitung damals
einen eingehenden Bericht über seine Beobachtungen?
Wie kommt es, dass er sich volle 22 Jahre in Stillschweigen
hüllte und nun auf einmal auftritt, um uns
eine Geschichte aufzutischen, der man ihre Ungereimtheit
und ihre von mir hier aufgedeckte Unwahrheit auf
den ersten Blick ansieht?
Auf Seite i 5 rühmt sich Herr Dr. Hemoldt eines „langjährigen
Verkehrs mit den Meistern in Indien" und nennt
sich einen „Eingeweihten in die esoterische Doktrin"; und
auf Seite 16 lesen wir: „So Hesse sich in ähnlicher Weise
behaupten, dass man den echten Theosophen daran erkennt
, dass er kein Mitglied der theosophischen Gesellschaft
ist; denn unter dem Alpdruck der Blavatskt/schm
„Offenbarung" ist ein unabhängiger Ideengang oder Fortschritt
noch viel weniger möglich, als unter dem grossväterlichen
Präzeptorat unserer staatlich bevormundeten
Universitäts - Philosophie. Der Blavaiskybche Theosoph,
stelle er sich wie er wolle, muss stets die „Secret
Doctrine" gleich einem Mühlstein um den Hals mit sich
herumschleppen,"
Im Gedächtnis des Herrn Doktor spuken wohl noch
Worte, die er einst von Kumra Samt auf Tamilisch hören
konnte und vielleicht verstand; es lastet offenbar auf ihm
ein wunderbarer „Alpdruckt€ von der Trüglichkeit des
Wissens. Insbesondere trüglich aber ist sein Wissen in
betreff der Theosophischen Gesellschaft* Der Theosoph
ist frei, ist nicht an irgend eine Lehre oder irgendwelches
Buch gebunden. Er nimmt nur das an, was mit seiner
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