Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
33. Jahrgang.1906
Seite: 491
(PDF, 221 MB)
Bibliographische Information
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Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

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v. Schnellen: Im Ringen um die Religion der Zukunft 491

nung auf eine spätere Belohnung unterwerfen kann, aber
ohne dass mir ein Recht zusteht, ihren Inhalt zu prüfen,
und ohne dass ich mit einer solchen Aufopferung meiner
Freiheit zu einer wirklichen Sittlichkeit gelangte. Auf dem
Boden des jüdisch-christlichen Dualismus
kann es nur H eteronomie oder Fremdgesetzgebung
geben. Autonome Moral oder sittliche Selbstbestimmung
dagegen ist nur möglich auf dem Boden einer
monistischen Auffassung von Gott und Mensch. Nur
wenn Gott mein eigenes Selbst: wenn dasselbe
Wesen, das die allgemeinen Zwecke setzt, zugleich mein
Wesen ist, nur dann ist wahrhaft sittliches Handeln möglich
. Denn nur dann sind jene allgemeinen Zwecke, die zu
verfolgen meine sittliche Pflicht ist, mir nicht von aussen
her gegeben, nicht von einem fremden Willen aufgenötigt,
sondern unbewusster Massen meine eigenen Zwecke. Und
indem ich sie als solche mit dem Bewusstsein erfasse und
erfülle, beuge ich mich nicht dem herrschenden Gebote
eines anderen, sondern verwirkliche nur den wahren Inhalt
meines eigenen Willens, die vernünftigen Bestimmungen
meines wahren Selbst, meines eigentlichen innersten Wesens
Und so gelangen wir auch von dieser Seite her zu der
Einsicht, dass die erste Forderung, die der fromme Glaube
um seiner selbst willen stellen muss, die wesenhafte
Einheit von Gott und Mensch ist. Nur darf man
diese Wesenseinheit beider Teile nicht als eine unmittelbar
im Bewusstsein gegebene verstehen, nicht als ein blosses Zusammenfallen
unseres Ichs mit der Gottheit. Das ist die
falsche Ansicht des abstrakten Monismus der Brah-
manen und mittelalterlichen Mystiker: eine Ansicht, die
folgerichtig entweder zur Vergötterung des Ich, oder aber
zu dessen (und der ganzen Welt) Auflösung in einen blossen
Schein führt und so oder so die Sittlichkeit untergraben
muss. Darum kommt alles darauf an, zu erkennen, dass
ui.ser Ich nicht unser wahres Selbst, unser Selbst-
bewusstsein nicht unser Wesen ist, sondern nur die
mehr oder minder unvollkommene Erscheinung dieses
Wesens: die Art und Weise, wie sich unser wahres, unbe-
wusstes Selbst gemäss der jeweils erreichten Entwickelungs-
stufe unseres Geistes im Bewusstsein für uns abspiegelt.
Also Gott ist nicht unser Ich, sondern unser
Selbst, nicht unser Bewusstsein, sondern unser unbe-
wusste8 Sein; und dieses hinter dem Bewusstsein verborgene
Selbst, diese unsere göttliche Wesenheit, die zugleich das
Wesen der Welt ist, immer besser zu erkennen, das ist die
letzte Aufgabe der Philosophie, wie die Zwecke dieses


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