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Machain: Eine amerikanische Geisterseherin. 529
Einer Frau Addie Hess, die sie niemals vorher gekannt,
beschrieb sie eine Erscheinung und gab dabei den Taufnamen
ihres Gatten und anderer, vor ihm verstorbener
Verwandten an. Der Frau Bussel nannte sie ihren Bruder,
Georg Hartman, der vor 20 Jahren gestorben war und niemals
in Michigan gewesen ist. Desgleichen nannte und beschrieb
sie der Frau Pressable ihre vor 25 Jahren verstorbene
Mutter und ihre vor 10 Jahren dahingeschiedene
Tochter. Der Frau Kamp richtete sie Grüsse von ihren zwei
verstorbenen Kindern aus, und zahlreichen anderen Personen
gab sie Nachricht von bestimmten Verstorbenen.
Mary Kidäer litt vor einiger Zeit an einer Rückenmarks
- und Nervenverletzung. Später entwickelte
sich eine ßiickgratskrümmung. Der sie behandelnde
Arzt (Dr. Shillito) brachte bei ihr einen Gipsverband
in Anwendung. Eines Tages, als der Verband
ausgewechselt werden musste, wurde plötzlich der Körper
des Mädchens steif, die Augen blickten starr und offen,
und man konnte es auf keine Weise zum Bewusstsein
bringen.
Interessant ist es, was über sie der genannte Arzt, Dr.
Ferd. Shillito, selbst mitteilt: „Das Mädchen befindet sich
in einem ganz eigentümlichen Mentalzustand; sie leidet an
der Katalepsie, und mit letzterer behaftete Personen
pflegen öfter ähnliche sonderbare Gedanken und Träume
zu haben. Ich sah sie in diesem Zustande und hörte, wie
sie den Leuten, welche sie besuchten, von Verwandten, die
vor vielen Jahren gestorben sind, erzählte. Ich kann allerdings
nicht sagen, ob alles, was sie sagt, wahr ist; aber es
überrascht schon ihre Kenntnis der Namen, welche in der
Regel mit den wirklichen Namen der Verstorbenen übereinstimmen
, deren Botschaften sie ausrichtet. Es ist dies
ein ungewöhnlicher Fall, der mich überaus interessiert. In
dem kataleptischen Zustande überwiegen gewöhnlich die
vollkommensten moralischen Emotionen. Es ist mir bekannt
, dass das Mädchen sehr zur Religiosität neigte, und
es lässt sich vielleicht dadurch die Vision der Engel und
des Himmels erklären. Beim Erwachen macht das Mädchen
den Eindruck, als ob es aus dem gewöhnlichen Schlafe erwachte
. Im Zustande der Katalepsie pflegen ihre Hände
ausgestreckt zu sein, wie zum Himmel erhoben."
Psychische Studien, September 1906.
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