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Hübbe-Schleiden: Die Theosoph. Bewegimg und ihre Yerlästerung. 533
Diese Forderungen werden in der Durchführung des
Grundgedankens der Theosophie erfüllt» Die
theosophische Bewegung will das religiöse Leben dadurch
heben, dass sie das in allen Religionen grundlegende
Streben stärkt und fördert. Sie will in die Geistesströmungen
ihrer eigenen Organisation auch alles das hineinleiten
, was in den Religionsformen der Völker gut und
wahr ist. Dadurch sollen diese religiösen Werte aufhören,
als trennende Verschiedenheiten zu erscheinen. Das Gemeinsame
in diesen Grundwerten soll auch die Menschheit
in dem religiösen Strebensziele einigen; und diesen Einigungspunkt
bietet eben die Erkenntnis, dass das Selbst des
Menschen göttlicher Natur ist, dass er dieses Selbst
in seiner göttlichen Vollendung zu verwirklichen
hat, und dass jeder es auch einst in sich verwirklichen
wird.
Dabei fördert und belebt die theosophische Bewegung
jede Art des Strebens nach Erlösung und Vollendung
. In dreifacher Art verschieden ist dies
Streben: Im alt - vedischen, alt-griechischen und alt-hebräi-
sehen Eudämonismus wird Erlösung aus dem Daseins-
leiden nur im Erdenleben selbst erstrebt; die christlichen
und islamitischen Verfassungen erhoffen die Erlösung
im jenseitigen himmlischen Fortleben; die
indische (buddhistische) Erkenntnis gibt sich erst mit der
vollständigen Erlösung aus jeglichem (mikrokosmischen
) Sonder-Dasein in dem (makrokosmischen Nirwana—)
All dasein zufrieden. Jede dieser Anschauungen wird
durch die Theosophie gefördert. Diese lehrt sowohl die
jenseitigen Zustände der Seligkeit erkennen, wie sie
ferner eine Zukunft der Glückseligkeit zeigt, die einst für
die ganze Menschheit auch im Erdenleben sich erfüllen
soll. Zugleich erweist sie aber, dass sich diese Ziele
nur in eben dem Masse verwirklichen, wie in dem individuellen
(mikrokosmischen) Bewusstsein mehr und mehr das
(makrokosmische) des All-Selbstes durchleuchtet.
Für jegliches Vollendungsstreben ist wohl die uralte
Erkenntnis der individuellen Wi ederkehr (Palin-
genie) ins Erdenleben und der Fortdauer auch der Persönlichkeit
in den Zuständen nach dem Tode zwischen
jedem und dem nächstenErdenleben nötig. Diese
Erkenntnis wird gestützt durch die Erfahrung, dass man
sich von diesen nicht - physischen, seelischen und geistigen
Zuständen schon im Erden-Dasein überzeugen kann. Sie
wird bestätigt durch den Nachweis, dass es höhere Be-
wusstseins - Zustände gibt, als die unseres gewöhnlichen
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