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Hübbe-Schleiden: Die Theosoph. Bewegung und ihre Verlästerung. 537
Will man diese drei Merkmale oder Zwecke der Gesellschaft
in drei Wo r t e n kennzeichnen, so könnten dazu
etwa dienen: Allgemeinschafts-Sinn, Einheits-Erforschung
und ßewusstsains-Bildung. —
Die Geschichte der Begründung und der Ausbreitung
der Theosophischen Gesellschaft ist von Henry
Olcott, welcher deren Organisation geschaffen hat und jetzt
noch leitet, in den noch nicht abgeschlossenen Bänden seiner
„Old Diary Leaves" dargestellt. Hier aber kommt es nicht
für uns auf diese Einzelheiten der Entwickelung an. Hier
haben wir es mit dem Wesen und dem Geiste der Bewegung
selbst zu tun. Hier reicht daher der Hinweis aus,
dass die Gesellschaft gegenwärtig über alle Erdteile und
Länder der Kulturwelt in Hunderten von Zweig - Organisationen
verbreitet ist. Indessen ist hier von massgebender
Bedeutung, dass in der Entwickelung der Gesellschaft
drei verschiedene Perioden zu erkennen sind. Ich
habe dies eingehender im „Theosophist" vom Oktober 1905
und im vor. Dezemberhefte dieser Blätter dargestellt. Auch
Sinneit hat diese Anschauungen und Forderungen schon im
Septemberheft 1897 der „Theos. Review" (Nr. 121, 8. 55 flg.)
aufgestellt. Für die Erfüllung der Aufgaben der Gesellschaft
ist hier aber noch ein Wort dazu hinzuzufügen.
Nur kurz wiederhole ich hier, dass die erste Periode
die der Anregung und Schöpfung der Bewegung war. Man
könnte sie die Zeit der „Offenbarung" nennen. Dabei
wurde Henry Olcott genial ergänzt durch Frau H. P.
Blavatsky, die in ihrer Weise das zum Ausdruck brachte,
was ihr als die wichtigsten Erkenntnisse der Geisteswelt
erschienen.
Einen völlig anderen Charakter gab der zweiten
Periode Frau Annie Besant. Mit Recht erkannte diese als
grundlegende Notwendigkeit die richtige Entwickelung des
Gemütes an. Auf dessen ethische und geistig-
religiöse Durchbildung legt sie den grössten Wert. Mit
Keeht stellt sie dabei das spirituelle Anschauen und Wirken
über das intellektuelle, ohne aber dieses letztere deswegen
gering zu schätzen. Sie erkennt die Notwendigkeit klarer
Einsicht und genauen Wissens durchaus an.
Die volle Ausarbeitung dieser letzten Aufgabe der
gründlichen Erkenntnis mit Befriedigung der
höchsten Forderungen der Vernunft ist nun das, was die
dritte Periode der Bewegung noch zu leisten hat. Sie
hat den kritischen Grundsätzen wissenschaftlicher
Erforschung völlig zu genügen. Erst wenn die Be-
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