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Hübbe-Sohleiden: Die Theosoph. Bewegung und ihre Verlästerung, 539
dieses Wissen ist es unmöglich, die Grund-Irrtümer zu berichtigen
, deren Ueberwindung erste Vorbedingung für den
Geistes-Fortsehritt ist* Wer nicht die Sinnenwelt versteht,
wird auch die Geisteswelt nicht richtig zu beurteilen verstehen
.
3. Das spirituelle Erfordernis ist in der heute aligemein
geläufigen Sprachweise schwer unmissverständlich
zu kennzeichnen. Mancher hat wohl eine Ahnung davon,
was unmittelbare Anschauungen des Genies sind. Helmholtz
nannte diese seine Intuitionen schlechtweg „Einfälle". Was
hier erforderlich ist, sind noch mehr im Sinne Piaion1* die
Erleuchtungen des „göttlichen Genies". Man kann dafür
auch viele andere Bezeichnungen wählen; das ist unwichtig.
Wichtig ist aber, sich das klar zu machen, dass dieses Erfordernis
das positivste und das wichtigste von allen dreien
ist, — die Schaffenskraft.
(Scbluss folgt.)
Reflexionen
über das Verhältnis der Schopenhauer'schm
Ethik zur Theorie der persönlichen Unsterblichkeit
nnd der Fortdauer nach dem Tode.
Ein philosophischer Versuch von Robert Sclielper,
cand. med. in Leipzig.
Du Prel sagt, Schopenhauer sei „nahe daran gewesen,
den Ring seines Systems zu durchbrechen" — nämlich die
Unsterblichkeit des Individuums zuzugeben. Damit wäre
allerdings das Schopenhauer* System nicht etwa nur
modifiziert, sondern wirklich „sein Ring durchbrochen":
die Ethik Schopenhauer'* fiele damit. Ist das
Individuum unvergänglich, dann ist die Aszese sinnlos
(und, ein „besseres Jenseits" vorausgesetzt, der Selbstmord
das einzig Vernünftige. Rücksichten auf Lebende
könnten ihn vielleicht noch verbieten, aber solche Rücksichten
wären dann doch nur Konzessionen an den Irrtum
dieser Lebenden; vernünftigerweise täten sie ja am
besten, dem Selbstmörder schleunigst nachzufolgen). Ferner
hat Schopenhauer1* Begründung des Mitleids (s. „Fundament
der Moral'*) zur Voraussetzung, dass das „Ding an
sich" ungeteilt, nicht in Individuen gespalten — also das
Individuum nicht „Ding an sich", folglich nicht ewig sei.
Vom metaphysischen Standpunkte aus gibt Schopenhauer
die Möglichkeit der individuellen Unsterblichkeit zu, indem
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