Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
33. Jahrgang.1906
Seite: 545
(PDF, 221 MB)
Bibliographische Information
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Haenel: Zur Psychologie einiger sog« okkulter Phänomene. 545

so weit gehen, dass nicht nur die Kenntnisse und Erinnerungen
beider Hälften verschiedene sind, sondern auch die
Charaktereigentümlichkeiten, Stimmungen, Fähigkeiten und
Talente, moralischen Anschauungen usw. Der Erinnerungsschatz
beider kann vollständig getrennt sein oder aber sich
bis zu einem gewissen Grade decken; der Wechsel beider
kann so erfolgen, dass täglich für Minuten oder Stunden
das zweite Bewusstsein herrscht; in einem berühmt gewordenen
Falle war es aber zum Beispiel so, dass dieses
zu einer vollständigen Selbständigkeit sich auswuchs und
sechs Jahre lang ausschliesslich die Szene beherrschte; dann
plötzlich trat wieder die erste, ursprüngliche Persönlichkeit
in die Erscheinung, und für diese bestand eine sechsjährige
Erinnerungslücke. Hälfte I war intelligent, musikalisch,
religiös, sprachgewandt, Hälfte II gleichgültig, wusste weder
die Noten noch die französische Sprache, war missmutig,
launisch, nervös. Schliesslich war man nicht mehr imstande,
zu sagen, welche Hälfte der wirklichen Persönlichkeit entsprach
. Solche Zustände mögen die Quelle sein für Sagen
wie die vom Mönche von Heisterbach oder Rip van Winkle.
Sie bieten aber auch eine Erklärung für manche .Rätsel der
spiritistischen Medien. Es sei nicht gesprochen von den
Erbauungspredigten und Gedichten, die so viele Medien im
Trance produzieren und die, wie man meist lesen kann,
,.weit über den geistigen Horizont des Mediums hinausgehen
". Wenn man dieselben in stenographischer Niederschrift
genauer ansieht, so findet man in der Mehrzahl eine
Reihe pathetischer Banalitäten oder pastoraler Wendungen
von allgemeinem religiösem Inhalte, die Gedichte auf dem
Niveau von Stammhuchpoesien und ßeimereien ohne dichterischen
Wert. Die Notwendigkeit der Annahme einer
,,höheren Intelligenz" liegt da selten vor. Aber selbst wenn
dies „höhere Niveau" in den Tranceproduktionen erreicht
wird, selbst wenn so erstaunliche Tatsachen zum Vorschein
kommen, dass eine Köchin anfängt, Verse aus Homer im
Urtext zu deklamieren, oder ein Ladenmädchen*), eine verstorbene
indische Prinzessin verkörpernd, Sanskrit richtig
schreibt und spricht, so braucht uns das nicht mehr zu verblüffen
. Der Psychologe Professor Claparede in Genf erlebte
die beiden letzteren Thatsachen; er beruhigte sich aber

*) Gemeint ist Mlle. H. Smith m Genf, das berühmte Medium
von Prof. Fhutnoy daselbst. Vergl. unseren ausführlichen Bericht
über dessen „neues Werk*, in welchem er die Ergebnisse seiner
eigenen Untersuchungen über diesen psychologisch besonders
interessauten Jb'all zusammenstellte, im Dez.-Heft 1902, S. 735 ff.
— Red.

Psychische Studien. September 1906.

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