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Kurze Notizen.
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in den nächsten Tagen gefunden werden, aber die Entdeckung
des Mörders wird längere Zeit erfordern und man
wird in die grösste Ueberraschung geraten, wenn man den
Namen dieses erfährt." Es wird nun in der Tat mehrfach
angedeutet, dass der junge und rüstige Pfarrer das Keuschheitsgelübde
nichts weniger als streng wahrte und dass er
verschiedene Beziehungen unterhielt, die unbekannt blieben,
weshalb nach dieser Richtung bereits geheime Nachforschungen
angestellt wurden.*)
t) Geistige Fern Wirkung. Von allen okkulten
Erscheinungen ist es die Uebertragung des Willens in die
Ferne, die auf eine geheimnisvolle Weise zustande kommende
Mitempfindung zweier räumlich weit entfernter Individuen
, die am meisten selbst diejenigen interessiert, die
sonst den sogen, okkulten Phänomenen mit völliger Skepsis
gegenüberstehen. Der Grund dafür ist, dass bei der Kunst der
Telepathie oder geistigen Fernwirkung, sofern man überhaupt
eine solche zugesteht, unbedingt eine gewisse Verwandtschaft
mit der Suggestion vorhanden ist, die längst aus
der Wunderweit des Okkultismus hinausgetreten ist in das
helle Licht der Wissenschaft und von dieser heute vielfach
bereits als Heilmethode, wenigstens gegenüber gewissen
krankhaften Erscheinungen, benutzt wird. In recht hübscher
Weise plaudert über das Kapitel der geistigen Beeinflussung
auf die Entfernung P. Loose in einem unlängst erschienenen
Heftchen, das den Titel führt „Wie wirke ich in
die Ferne? Praktische Anleitung zur Ausübung der
Telepathie auf jede Entfernung und Heilung von Krankheiten
durch dieselbe." (Leipzig, Ernst Fiedler.) Er macht
auf alltägliche Beobachtungen aufmerksam und es kann
nicht geleugnet werden, dass es sich hier vielfach um eine
scheinbar unerklärliche Tatsache handelt, zu deren Beweis
er u. a. folgendes Experiment erzählt: Am 18. Juli 1893
befand sich ein Herr Franks in Nottingham, ein anderer
Herr mit Namen Dr. Richardson in London. Diese Städte
sind j25 Meilen von einander entfernt. Die Herren hatten
verabredet, einander auf geistigem Wege Gedanken zuzusenden
. Jeder wurde von einem Komitee bewacht, das
auch im stillen die zu übersendenden Worte verabredet
hatte. Betrug war völlig ausgeschlossen. Dr. Richardson
musste das Wort ,,8cotland", die Zahl „579" und die Zeit«
*) Auch Polizeiinspektor ßtissenius in Braunschweig, bekannt
als Züchter der Polizeihunde, hat sich, telegraphisch aufgefordert,
mit seinem besten Hunde nach Paris begeben, um den vermutlich
ermordeten Abb£ suchen zu helfen. Zur Auffindung der Leiche
hatte man in den letzten Nächten sogar eine Hyäne verwendet.
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