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604 Psychische Studien. XXXIII. Jahrg. 10. Heft. (Oktober 1906.)
richtig, dass sie sie als „Sport", als Spielerei betrieben.
Eher könnte man dagegen manchen Teilnehmern vorwerfen,
dass sie dieses Streben zu einseitig ernst nehmen, weil
ihnen noch die Fähigkeit des allseitigen Urteils fehlt.
Es sind hier aber ferner insbesondere die Verlästern
n g e n der Bewegung in Betracht zu ziehen, die in der
Form von Angriffen auf die für sie bedeutsamen Persönlichkeiten
gegen sie gerichtet worden sind. Die Art
auch dieser Angriffe zeigt, selbst wenn sie durchweg be-
gründet wären, wie wenig Ahnung die Angreifer davon
haben, um was es sich eigentlich bei der Bewegung handelt.
Schon im Jahre 1885 gab die „Gesellschaft für
psychische Forschung'* in London einen Bericht des jüngst
verstorbenen Dr. Richard Hodgson gegen Frau Blavatsky heraus
, in dem diese als die grösste Schwindlerin des vorigen
Jahrhunderts hingestellt ward. Gegen die darin behaupteten
Tatsachen sind von vielen anderen Personen gegenteilige
Angaben und Urteile vorgebracht worden; und scharfe Kritiker
haben gefunden, dass sogar der Hodgson'sch& Bericht
an sich durch Widersprüche und durch Urteilsschwächen
zweifelhaft^ erscheine. Insbesondere ist er nicht etwa ein
Resume, wie es ein Richter oder Sachverständiger geben
sollte, sondern die Parteischrift eines Anklägers. Dem
gegenüber ist die Verteidigung niemals zu unparteiischem
Gehör gekommen.*)
Zehn Jahre später, 1895, trat ein Russe namens Solo-
vioff**) auf. der seit 1884 ein begeisterter Anhänger von Frau
Blavatsky gewesen war; nunmehr erklärte er, dass er jetzt
nachträglich seine Meinungen geändert habe, und dass er
nicht mehr an die Frau glaube. Irgend einen eigenen
stichhaltigen Grund für seine Meinungs-Aenderung gab
er nicht an.***) Er war eine dichterische Stimmungs-
Natur.
Seit dem vorigen Jahre, 1905, wieder ein Dezennium
später, sind nun abermals von vier verschiedenen Seiten,
*) Niemand sollte heutzutage über Frau Blavatsky öffentlich
ein Urteil aussprechen, der nicht auch die gereiften Aussagen der
ihr nächst stehenden Mitarbeiter eingesehen hat. Es sind dies u. a.
George Mead'% „Stray thonghts on Theosophy II, eoncerning H. P.
B.* in der „Theosophical Review" No. 200, London, April 1904,
S. 130 ff.; und Anme Besanl's „Discipleship", ebenda No. 227, JuJi
1906, S. 393 ff.
**) So schreibt er seinen Namen in der mir vorliegenden englischen
Ausgabe seines Buches.
***) Unsere eigene, in diesem, wie uns scheint, keineswegs so einfach
liegenden Streitpunkt wesentlich abweichende Ansicht findet
der Leser im Briefkasten vor. Hefts (B. 576 unten) angedeutet. — Red.
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