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614 Psychische Studien. XXXIII. Jahrg. 10. Heft. (Oktober 1906.)
auch zwei verschiedene Ausdrücke anzuwenden). Gemeinsam
haben ,transszendental' und ,metaphysisch' den Umstand
, dass sie etwas jenseits unserer phänomenalen Welt
Liegendes bezeichnen. Es besteht doch innerhalb dieses
Gebietes ein Unterschied zwischen der Welt als solcher
einerseits, als All, Gott, Urprinzip alles Seins u. s. w. —
dieses Gebiet werde ich als ,metaphysiseh4 bezeichnen —-
und zwischen denjenigen einzelnen Bestandteilen der Welt
andererseits, die in anderweitigen Formen als den unsrigen
existieren — ich werde diese Daseins- und Erscheinungsformen
transszendental nennen.
Sodann noch eine Bemerkung über den Ausdruck
,Seele*: derselbe wird bald für „transszendentales Subjekt"
gebraucht, bald für die Gesamtheit der ethischen Eigenschaften
eines Individuums, bald gar nur für das abstrakte
Prinzip der Individualität. Um Verwirrung zu vermeiden,
werde ich bemüht sein, für ,Seele' im okkultistischen Sinne den
von du Prel nach Kaufs Vorgang gewählten Terminus transszendentales
Subjekt' in Anwendung zu bringen. Uebrigens
ist dieser verschiedene Gebrauch desselben Wortes natürlich
, da eine verfeinerte, vergeistigtere Form sich leicht mit
rein Abstraktem verwechseln lässt.
Vorgängig zu erwähnen ist auch noch folgendes: die
Basis des psychischen Okkultismus, der Metapsychik, nämlich
die Tatsächhchkeit der hierher gehörigen Phänomene,
ibt zwar bislang nicht immer vollkommen einwandfrei festgestellt
worden (d. h. so, wie die Tatsächlichkeit eines
Phänomens, etwa eines physikalischen oder chemischen, sich
überhaupt feststellen lässt, also nicht objektiv: — dass dies
unmöglich ist, hängt mit der Unbeweisbarkeit des ,Dinges
an sich* zusammen), — sondern in subjektiver, jedoch allgemein
gültiger Weise als Erfahrungstatsache, so dass
jedermann sie ohne besondere Nachprüfung als gegeben,
als wirklich vorhanden in praxi annehmen kann; zu vergleichen
ist hier der eine recht gute Uebersicht bietende
Vortrag von Richet, der übersetzt in den März-, April- und
Maiheften (1906) der „Uebersinnlicben Welt" abgedruckt
ist. Dennoch sind Oeberlegungen, wie wir sie im weiteren
Verlaufe anstellen wollen, keineswegs verfrüht noch belanglos
, da bereits mannigfache Hypothesen und Deduktionen
auf Grund der subjektiv-individuell anerkannten Phänomene
aufgestellt worden sind, diese auch, wie schon eingangs
angedeutet, dem Okkultismus erst den allgemeinen Wert
verleihen und mit verhältnismässig wenigen Ausnahmen die
Ui sache der Beschäftigung mit demselben bilden. Uns
braucht hier die Tatsächlichkeitsfrage nicht zu interessieren,
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