http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1906/0700
678 Psychische Studien, XXXIII. Jahrg. 11. Heft. (November 1906.)
die okkulten Phänomene bei exaktem Vorgehen keine anderen
Schlussfolgerungen erlauben, als diejenigen, zu denen
uns schon die bekannten lueiden Phänomene führen.
Für das für uns persönlich wichtigste metaphysische
Problem ist es jedoch, abgesehen davon, dass es sich bei
unseren Schlüssen nicht am Resultate handelt, gleichgiltig,
wie die Frage nach dem Urprinzip der Welt beantwortet
wird. Es ist falsch, nur den Theismus und den Spiritualismus
als mögliche Grundlage für Moral, Optimismus usw.
zu betrachten, wie es umgekehrt falsch ist, dem Atheismus
und dem Materialismus als weitere Folgen Zwecklosigkeit,
Pessimismus usw. zuzuschreiben; letztere Anschauungeu
können auch beim Theismus und Spiritualismus bestehen.
Wir werden bald darauf näher zurückkommen.
(Schhiss folgt.)
Zur Psychologie einiger sogenannter okkulter
Phänomene,
Von Dr. med. Hau» Haenel, Nervenarzt.
(Schluss von Seite 623.)
Unter den verschiedenen „okkulten" Tatsachen sei nur
noch auf ein Gebiet näher eingegangen, das auch im täglichen
Leben gelegentlich eine .Rolle spielt: das Hellsehen
, die Telepathie, Gedankenübertragung
, Wahrträume und ähnliche Erfahrungen, die alle
auf die Frage sich zurückführen lassen: Ist eine Beeinflussung
eines menschlichen Gehirnes durch ein anderes auf
einem von den Sinnesorganen unabhängigen, direkten Wege
und auf die Entfernung möglich? Bis vor ein bis zwei
Dezennien hat sich die Wissenschaft diesen Problemen
gegenüber ablehnend verhalten, in den letzten Jahren
haben aber ernst zu nehmende Forscher und Aerzte, besonders
in Frankreich, sich mit der Frage der Telepathie
näher beschäftigt. Verschiedene wurden durch das Studium
der hypnotischen Tatsachen darauf geführt; sie versuchten,
ob man nicht, ähnlich wie man die magnetischen Striche,
das Fixieren der glänzenden Kugel, das Handauflegen als
zustellen wäre. Einstweilen kann jedoch davon noch nicht die
Rede sein. Ich habe dies erwähnt, um zu verdeutlichen, dass diese
Methode kein Vorurteil zu Gunsten des Materiaiismus und des
Atheismus ist.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1906/0700