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686 Psychische Studien. XXXIII. Jahrg. 11. Hett. (November 1906)
haben, ist eigentlich intellektual, und cerebral modifiziert
.*)
Ebenso mag es mit der kausalen Anschauung sein.
Wie der Geist, der „Astralleib" ein im Raum und Zeit
existierendes Individuum mit räumlicher und zeitlicher Anschauung
ist, so ist er auch dem Gesetze der Kausalität
unterworfen und hat kausale Anschauung. Er ist, wie wir
wissen, materiell; und Materie und Kausalität sind durchaus
koordinierte Formen, eine das Korrelat der anderen.
(„Mit dem Satz vom Grund, als Gesetz der Kausalität, ist
die Materie schon gesetzt, und umgekehrt." — Schopenhauer,)
Wie nun aber die räumliche und zeitliche Anschauung des
Astralleibs wahrscheinlich von der unsern verschieden ist,
so mag es auch mit der kausalen Anschauung sein. So
manche Erfahrung spricht dafür, dass den Geistern bis zu
einem gewissen Grade die Zukunft bekannt ist. Dies kann
auf einer von der unseren verschiedenen zeitlichen Anschauung
, kann aber auch auf einer veränderten Anschauung
der Verhältnisse der Ursachen zu den Wirkungen beruhen
.
Am transzendentalen Idealismus kann der Spiritist festhalten
; er kann Individualität, Raum, Zeit, Kausalität, Materie
— die gröbere wie jene feinere, aus der der Astralleib
besteht — für Erscheinung, nicht für Dinge an sich halten.
Das Mitleid, das Urphänomen der Moral, beweist ja die
transszendentale Einheit aller Wesen.
Anderseits aber hindert uns der transszendentale Idealismus
nicht, aus den spiritistischen Erfahrungen auf eine individuelle
Fortdauer nach dem Tode zu schliessen. Schopenhauer
meinte, der Annahme dieser letzteren widerspräche jener.
Aber was waren die damaligen okkultistischen Kenntnisse
gegen unsere heutigen! Damals war, wie Schopenhauer bezeugt
, noch kein Beweis für die Realität, im Sinne der Körperlichkeit
, der Geister bekannt. Jetzt ist dieser Beweis längst
erbracht: man denke nur an die Geisterphotographieen!
Und wenn man die ungeheueren Portschritte der spiritistischen
Forschung bedenkt, dann wird man sich sagen
müssen: es ist nur noch eine Frage der Zeit, dass in einem
und dem anderen Falle die Identität eines Geistes mit einem
Verstorbenen so sicher festgestellt wird, wie überhaupt die
Identität eines Menschen festgestellt werden kann. Ist aber
die körperliche Realität der Geister und ihre Identität mit
*) Als das eigentliche Organ des Intellekts kann man vielleicht
— hypothetisch — den Teil des Astralleihs annehmen, der unserem
Gehirn entspricht.
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