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Bernhard: Ueber Metempsyebosis, richtiger Palingenie. 689
wieder heruntersinken bis zur Stufe der Tier-Seele, sie kann
sich nicht plötzlich wieder in einem Tier-Körper darstellen.
Was sie daran hindert, das ist das, was die indische Ye-
danta-Lehre das Karma nennt: die individuelle Kausalität
— ein Begrifi, der notwendig herangezogen werden
muss, wenn man in diesem uns hier beschäftigenden Problem
wirklich zur Klarheit durchdringen will. Ohne den
Faden der Kausalität finden wir aus diesem Gedanken-
Labyrinth keinen Ausweg.
Gegen den Gedanken der Wiederverkörperung, für den
übrigens bekanntlich auch Kart du Prel in seiner „Philosophie
der Mystik" mit Begeisterung eingetreten ist, kann
man natürlich zahlreiche Einwendungen erheben, und es
scheint nach oben erwähnter Fussnote in der Tat, wie
wenn wir auch in den „Psych. Stud." einer weiteren Erörterung
dieses interessanten Themas entgegensehen dürften.
Da nun aber nach Ben Akiba alles, und somit auch eine
öffentliche Diskussion dieser Streitfrage, schon dagewesen
ist, so dürfte es wohl denjenigen Lesern, die sich etwa an
derselben beteiligen wollen, von Interesse sein, zu erfahren,
wo sie einem derartigen Für und Wider über dieses Thema
begegnen können.
Einwürfe gegen den Gedanken der Wiederverkörperung
finden sich z. B. im Band XIII (1892) der „ Sphinxu auf
S. 94 und auf S. 189 widerlegt vom ehemaligen Herausgeber
und Schriftleiter dieser Zeitschrift, Dr. Hübbe-
Schleitlen. Allen nur denkbaren Einwänden gegen diesen
Gedanken begegnet derselbe Autor nun aber in seinem
grösseren (1891 bei (X A. Schweischke & Sohn in ßraun-
schweig erschienenen) Werk: „Das Dasein als Lust, Leid
und Liebe, die alt-indische Weltanschauung in neuzeitlicher
Darstellung", — ein Werk, das zwar an seine Leser sehr
hohe Aniorderungen stellt, aber bis heute die gründlichste
und umfassendste Darstellung dieses Problems geblieben
ist, die wir überhaupt in deutscher Sprache besitzen. Eine
noch gründlichere, namentlich auch unsere heutige Biologie
und Psychologie umfassende Bearbeitung dieses wichtigen
Themas muss allerdings der Zukunft vorbehalten bleiben.
Möge eine solche uns recht bald beschieden sein!*)
*; Wir sind für obigen Hinweis um so dankbarer, als zu einer
erschöpfenden Diskussion — vollends eines Themas, über das man
u. E. mangels positiver Anhaltspunkte vorerst doch nichts Sicheres
feststellen kann, — in unserer (gegenwärtig ohnedem mit unaufschiebbarem
Stoff überlasteten) Monatsschrift leider der erforderliche
Eaum fehlt. — Red.
Psychische Studien, November 1**06. 45
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