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692 Psychische Studien. XXXIII. Jahrg. 11. Heft. (November 1906.)
nicht gesehen hatte. Die Stunde des Selbstmordes trifft
genau zusammen mit der Stunde der spiritistischen Sitzung.44
— Das Medium war von 6 Uhr an mit dem Advokaten
Zingaropoli zusammen gewesen, der ohne Zweifel über den
Fall nocli ausführlicher berichten wird. 0. Ohisen.
c) Der verschwundene Abb 6 Pelarue, dessen
(wie es nun scheint, absichtlich zur Irreführung zurückgelassenes
) Fahrrad angeblich von einem hellsehenden Fakir
entdeckt wurde (s. Sept.-Heft, K. Not. Ä), S. 567) soll nun
vermöge einer eigentümlichen Ironie des Schicksals zu
gleicher Zeit, da man in Chätenay auf Initiative des Bischofs
von Chartres einen Trauergottesdienst für ihn feierte, durch
die Polizei in Brüssel, wo er mit seiner Begleiterin, der
Lehrerin Marie Fremeaux, eine Wohnung gemietet hatte,
aufgefunden worden sein. Er gab sich dort am 24. Sept.
als einen Herrn Drecourt aus Paris aus und behauptete,
Reisender eines Pariser Modewarenhauses zu sein. Da das
angebliche Ehepaar keinerlei Anstalten machte, sich auf
dem Polizeibureau einschreiben zu lassen, benachrichtigte
die Vermieterin die Polizei und dieser gestand dann der
Mann, er sei der vermisste Abbe, möchte aber unter seinem
angenommenen Namen weiter leben, was die Polizei nicht
bewilligen konnte. Einem Interviewer des „Etoile Beige"
teilte der kleine, sanfte und sehr ängstliche Mann, der sich
Bart und Schnurrbart wachsen hess, weiter mit, dass er
seine „Freundin" seit drei Jahren kenne und mit ihr schon
lange beschlossen habe, zu fliehen. Am 24. Juli er. habe er
Chätenay verlassen, in Paris die Soutane ausgezogen und
dann sei er in Zivilkleidern einige Zeit nach allen Seiten,
besonders im Osten Frankreichs, gereist. „Ueberall sprach
• man von meinem Verschwinden. In den Hotels verschlang
man die Berichte der Zeitungen und man sass mir gegenüber
, ohne mich zu kennen, obwohl mein Bild in allen
Journalen zu sehen war. Nachdem ich so einige Zeit, jedoch
ohne grosse Kosten verbrachte — denn meine Mittel
waren sehr beschränkt —, kam ich vor etwa einem Monat
in Brüssel an." Er fürchtet jetzt, da er erkannt sei, sein
Brot nicht mehr so gut wie als „Handlungsr eisender" verdienen
zu können! Alle Gerüchte von der Erbschaft eines
Generals, dem Diebstahl von Gemälden usw. seien Erfindungen
. — Diese in den ersten Üktobertagen durch die
Tagespresse gegangene Notiz macht es nun erklärlich, dass
die gesuchte Leiche weder von Hellsehern, noch von Polizeihunden
oder Hyänen aufgespürt werden konnte. Bezeichnend
ist aber, wie für die nach der Entdeckung des Fahrrads
und eines blutbefleckten Messers naheliegenden v er-
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