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Hoffmann: Zur Kritik metapsychischer Sohlussfolgörungen. 739
zu können, zumal da wir die uns prinzipal erscheißende
Gesetzmässigkeit, die Kausalität, als Funktion der Materie
plus Kraft vorläufig anerkannt haben* Die Behauptung, die
Entstehung von Gesetzmässigkeit, Intelligenz usw. aus Nicht-
Intelligentem sei undenkbar, ist rein anthropomorph und
daher belanglos; ebensowenig ist das Gegenteil für uns verständlich
; für ersteres würde sogar noch sprechen, dass dann
im Einklang mit sonstigen Beobachtungen das (für uns)
Höhere sich aus dem (für uns) Niedrigeren entwickelt hätte.
Wir werden also mangels irgendwelchen Momentes zu Gunsten
der Anschauung, dass das Intelligente das Primäre sei, die
gegenteilige vorläufig als Hypothese aufstellen. Es ist ausserdem
noch zu sagen, dass bei Annahme des Theismus und
des Spiritualismus keineswegs notwendigerweise auf Gesetz-
mässigkeit, Zweckmässigkeit, Moral, Optimismus usw. zu
schliessen ist Es ist ebensowohl an sich denkbar, dass
eine über der Welt stehende Intelligenz, Gott, die Schöpfung
der Welt aus einer blossen Laune herausgewollt habe.
Ist man in der einen Hinsicht anthropomorphisch, muss
man es auch konsequenterweise in der anderen sein und
dementsprechend auch mit solchen Möglichkeiten rechnen,
wenn einem auch das Resultat unsympathisch ist. Mithin
gewinnt man nichts für unser Problem, insbesondere zu
Gunsten einer optimistischen Weltanschauung, bei Annahme
des Theismus und des Spiritualismus, noch verliert man
etwas bei Annahme des Atheismus und des Materialismus;
ganz abgesehen davon, dass unsere Schlüsse zu Gunsten
eines Atheismus und eines Materialismus keineswegs Resultate
, sondern nur vorläufige Ausgangspunkte für weitere
Forschung darstellen, ihnen also im Gegensatz zu diesen
Anschauungen im gewöhnlichen Sinne jeder Gefühlswert
mangelt.
Wie schon auseinandergesetzt, ist das uns persönlich
betreffende metaphysische Problem das des Verhältnisses
der Welt zu ihren Bestandteilen. Es handelt sich um unser
Einzeldasein an sich im All. Wir werden zu unterscheiden
haben: 1) das Dasein selbst, an sich, als Erscheinung,
2) seine Ursache und seinen Zweck. Letztere Momente
sind die Verknüpfungspunkte mit dem All und liegen so
über das Dasein selbst zum Teil hinaus; sie bestimmen
dasselbe in objektiver Weise. Daher liegt in ihnen die
Entscheidung für die Lebensführung, von ihnen hängt die
Existenz einer absoluten Moral, einer Gesetz- und Zweckmässigkeit
usw. ab. In dem ersteren Moment jedoch, in
dem tatsächlichen Dasein als Bestandteil der Welt, liegt, da
wir nur dieses wirklich leben und empfinden, die subjektive
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