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Verhandlungen der Londoner Gesellschaft für psych. Forschung. 761
arbeit er sich durch fleissiges Lesen vielseitige Kenntnisse
erwarb und dann methodistischer Prediger wurde — ein
Mystiker ähnlich wie Meister Eckhart oder Tauler oder mehr
noch wie der Spanier Molinos. Die physiologische oder
physikalische Seite jener Vorgänge bilden die rätselhaften
Lichterscheinungen im Freien, worüber eine ganze Anzahl
mehr oder weniger sorgfältiger Beobachtungen mitgeteilt
sind, ohne dass sich danach deren Wesen beurteilen Hesse,
selbst wenn man die früher gerade in Wales vorgekommenen
Erscheinungen zu Hilfe nimmt. — Sehr eingehend sind die
Beobachtungen über Xenoglossie oder automatische Schrift
in fremden Sprachen, wovon in P. LI Prof. Richet, in P. LIII
auf mehr als 400 Seiten Mrs. A. W. Verrall handelt. Die
in der psychischen Forschung wohlbekannte Dame sucht an
sich selbst — um den landläufigen Ausdruck zu gebrauchen
— mediale Fähigkeiten *) zu entwickeln. Sie hat
früher Versuche über Krystallsehen gemacht und genau beschrieben
(„mit wenigen Ausnahmen waren die gesehenen
Bilder rein phantastisch"); sie hat seit Jan. 1901 eine lange
Reihe von automatischen Schriften erhalten — im wachen
Zustande, bei gewöhnlichem Tageslichte, wobei sie den unter
ihrer Hand sich bildenden Zügen während des Entstehens
keine weitere Aufmerksamkeit zuwandte, wenn sie auch bemerkte
, ob sie englisch, lateinisch oder griechisch waren.
In diesen beiden fremden Sprachen ist sie gut bewandert.
Die Niederschriften bestanden zuweilen aus zusammenhanglosen
Worten, in vielen Fällen aus Sätzen, oft aus den
genannten Sprachen gemischt, von wechselnder Fedeutsam-
keit. Sie enthielten Anspielungen auf Träume, auf Vorgänge
in der Verwandtschaft, auch in weiterer Umgebung,
auf allerlei vergangene sowie auf künftige Ereignisse. Vielfach
, aber nicht immer, waren sie zutreffend. — Der von
Prof. Richet berichtete, von Sir Olive* Lodge und anderen
Sachverständigen begutachtete Fall betrifft eine französische
Dame, die etwas Lateinisch, aber kein Griechisch verstand
und doch automatisch kürzere und längere, prosaische und
poetische Niederschriften lieferte, sowohl in klassischem als
in späterem Griechisch, welche zum grossen Teil nachzuweisen
waren in einem grossen, griechisch-französischen
Wörterbuche von S. D. Byzantios (Athen 1846; das in der
*) Es sei mir gestattet, nochmals zu bemerken, dass es mir
widerstrebt, mieh so ungeheuerlicher Wertformen, wie „mediumi-
stisch" oder „Mediumität" zu bedienen. „Medianim" ist etwas Jang,
und der in der zweiten Hälfte enthaltene Hinweis auf die „Seele"
erscheint entbehrlich (wo nicht irreleitend). So bleibt wohl nur die
Wahl zwischen „median" oder „medial". W.
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