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8 Psychische Studien. XXXV. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1908.)
die Spiritisten. Sie wollten ohne Zweifel uns zeigen, dass
sie zu dem Schlüsse gekommen sind, dass alle von ihnen
beobachteten Phänomene direkte Manifestationen des be-
wussten Willens oder des Unbewussten des Mediums sind;
dass alle Phänomene vorher von dem Medium angekündigt
werden oder dass dieselben seitens der Teilnehmer suggeriert
sind, und dass alle Phänomene begleitet sind von
Muskel - Kontraktionen des Mediums. Allein wir wissen,
dass Kritiker von hohem Ansehen gegenteiliger Anschauung
sind: dass es ganz falsch ist, dass alle Phänomene vorher
durch das Medium angekündigt werden oder auf Suggestionen
durch die Teilnehmer beruhen, und dass, selbst
wenn dies der Fall wäre, es nichts beweisen würde, da eben
das Medium, wenn es das Phänomen ansagt, unter dem
Einfluss einer Personalität steht, welche erklärt, ein
„Geist" zu sein, eine Behauptung, die wir nicht a priori
bestreiten können. Auch gibt es unter den suggerierten
Phänomenen solche, welche in anderer Weise, als gewünscht
, ausgeführt werden, ein Umstand, der völlig dazu
berechtigt, das Eingreifen einer unabhängigen Intelligenz
zu vermuten, welche die Vorschläge der Teilnehmer annimmt
, ablehnt oder modifiziert. Schliesslich beweisen
die Muskel - Kontraktionen des Mediunis absolut nichts,
denn sie würden auch dann bestehen können, wenn die
Phänomene duich einen „Geist" dirigiert würden und das
Medium — wie es die spiritistische Hypothese behauptet
— mithilft durch seine Nervenkräfte oder durch riuidische
Kräfte etc.
Ob bei den medianimen Phänomenen Wesen aus dem
Jenseits beteiligt sind oder nicht, das kann und darf man
a priori nicht behaupten. Es ist ebenso aprioristisch und
folglich unwissenschaftlich, zu schreiben, dass durch die drei
Schläge des Tisches das Medium seinen Willen zu erkennen
gab, wie zu behaupten, dass es ein G e i s tu war,
— denn das ist nicht mehr die Konstatierung einer Tatsache
, sondern es ist eine ,Appreeiation" (Vermutung).
Uebrigens erklärt de Vesme, dass jene redaktionellen
Fehler nicht einfache Formfehler sind, sondern dass sie
eine Anschauung, ein Bestreben bekunden, das weit verbreitet
ist und auch bei Gelehrten wie Morselh und Foh in
ihren Dissertationen gefunden wird. Es ist eine Tendenz,
welche einer vorgefassten Meinung entspringt, die heutzutage
ebenso in den Gelehrtenkreisen, wie im Volke Geltung hat,
und die man in folgender Weise definieren kann: E s ist
ein Axiom der Wissenschaft, dass die rein
materialistische Hypothese über das Wesen
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