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Oehler: Die Gehirntätigkeiten.
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Aus diesem Vorgang ist klar ersichtlich, dass das Medium
durch das Bewegen der Finger eine unwillkürliche
Kraftentladung erzeugen will, das heisst sie sucht
die ihr gestellte Aufgabe dadurch zu vollbringen, dass sie
mit Hilfe der Einbildungskraft die Entladung eines abnormen
Muskelstroms, resp. Körperstroms auslöst, welcher
alsdann die betreffende physikalische Erscheinung erzeugt.
— Eusapia selbst gibt ihre Eindrücke während derartiger
Vorgänge wie folgt an (s. „Psych. Stud." 1907, Heft II,
8, 66): In erster Linie hat sie ein leidenschaftliches Verlangen
, dass die Erscheinung stattfinden solle. Hierauf
empfindet sie eine Betäubung und Erstarrung der Einger;
diese Empfindung wird immer stärker, gleichzeitig fühlt sie
in dem unteren Teil ihres Rückenmarks eine Art Strom
entstehen, der sich rasch bis an den Arm erstreckt und
bei dem Ellbogen langsam anhält> In diesem Augenblick
tritt dann die Erscheinung ein.
Wir haben also bei diesen Erscheinungen eine ähnliche
Wirkungsweise auf die Muskulatur .vor uns, wie bei der
Wünschelrute und dem Pendel, nur mit dem Unterschiede,
dass wir das Vorhandensein eines abnormen Muskelstroms
oder Körper8trom3 noch hinzufügen; denn die Entladung
eines gewöhnlichen Muskelstroms würde nicht genügen
, um über die Peripherie des Körpers
hinaus zu wirken, sondern nur eine Zuckung der Muskeln
zur Folge haben. Auf die Entstehung yon derartigen
abnormen Kraftströmen werde ich später noch näher eingehen
. Nach den Aussagen der Paladino hat es zwar den
Anschein, als ob diese Kraftströme im Eückenmark entstehen
; doch sind dies meiner Ansiebt nach nur subjektive
Empfindungen, ich meinerseits nehme vielmehr an, dass
sich im gesamten Körper Ströme bilden, welche ja im
Eückenmark eine Ansammlung erfahren können. — Diese
Kraftentladungen haben etwas Gemeinsames mit der
Reibungselektrizität, indem sie die Töne des Knisterns, des
Klopfens, das Anziehen und Abstossen von Gegenständen
mit dieser gemeinsam haben und deshalb ohne Zweifel
gleichfalls auf Elektrizität zurückzuführen sind. —
Auch das Aufblähen der Kleidungsstücke vor dem Eintritt
eines Phantoms bei der Eusapia findet in der Elektrizität
einen verwandten Vorgang. So berichtet Funke in
seinem Handbuch der Physik (II. Band, S. 90): „Zieht
man bei kaltem trockenem Wetter einen weissen und
schwarzen seidenen Strumpf, beide wohlgetrocknet, übereinander
, trägt sie einige Stunden lang, zieht sie dann zusammen
aus und hält sie nun so auseinander, dass man
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