Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
35. Jahrgang.1908
Seite: 53
(PDF, 215 MB)
Bibliographische Information
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Lindau: Ein wunderbares Erlebnis

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Ein wunderbares Erlebnis,

das des psychologischen Interesses nicht entbehrt, erzählte
Paul Lindau in einem Feuilleton der Wiener „ Neuen Freien
Presse44 vom 20. Juli 1907 über seinen Gönner Julius Rodenberg
wie folgt:

„Bevor ich über den Abschluss meiner ersten dramatischen
Arbeit berichte, muss ich eine Vorbemerkung einschalten
: das Talent zur Leichtgläubigkeit ist in mir sehr
mangelhaft entwickelt. Zu guten Feen und bösen Hexen
habe ich schon als kleiner Junge kein rechtes Vertrauen
gehabt und manchmal betrübend vorwitzige und verfängliche
Fragen gestellt. Aber ich hörte doch gern zu, wenn
ich auch nicht recht verstand und mir einzelnes recht verdächtig
vorkam. In späteren Jahren haben Spuk-, Gespenster
- und Spinnstubengeschichten sogar den Reiz für
mich verloren, und lieber als ans Wunderbare glaube ich
an Zufälligkeiten, Selbsttäuschungen und unbewusste Hinzudichtungen
der dienstbaren Phantasie.

Was ich nun zu erzählen habe, — ich habe es mir nie
erklären können. War's ein Zufall, so dürfte man ihn wirklich
beinahe wunderbar nennen. Ich will darüber nicht
weiter nachgrübeln; ich will nur erzählen — so nüchtern,
sachlich und wahrheitsgetreu ieh's vermag.

Es war ein nasskalter unfreundlicher Herbsttag. Ich
hatte mich etwa gegen 10 Uhr vormittags an den Schreibtisch
gesetzt und war so im Zuge, dass ich mich von der
Table d'höte dispensierte und mir Essen aufs Zimmer
bringen Hess. Ich ass, ohne aufzupassen. Ich glaube, ich
gab mir nicht einmal die Mühe, mich an den gedeckten
Tisch vor dem grünen Plüschsofa zu setzen. Ich schrieb
weiter, und wenn ich, wie es meine Gewohnheit ist, von
Zeit zu Zeit aufstand und im Zimmer auf und ab ging,
blieb ich wohl vor dem Gedeck stehen, ass gedanken- und
genusslos einige Bissen und setzte mich wieder an den
Schreibtisch. Ich ass gewiss nicht viel, aber ich rauchte
dafür um so mehr.

Ich schrieb weiter. Es dunkelte. Ich steckte die
Petroleumlampe an. Gegen 9 Uhr machte ich die erste
Pause. Ich öffnete das Fenster, um den Tabaksrauch hinaus
- und frische Luft hereinzulassen. Draussen regnete es,
was es vom Himmel wollte. Es war ungemütlich kalt.
Meine Finger waren ganz klamm, meine Füsse eisig. Und
ich verspürte jetzt Hunger. Ich bestellte mir heissen Tee
und kaltes Fleisch, Hess den kleinen eisernen Ofen in der
Kaminhöhlung heizen und das Becken der Lampe frisch


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